Hannover/Egestorf. Am Montag wurde das Urteil zum Prozess zum Unfall am Kirchdorfer Rehr gefällt. Für die beiden Angeklagten gab es Haftstrafen, die Mordanklage der Staatsanwaltschaft erkannte das Gericht jedoch nicht, aber wohl ein Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge. .
Bis zu zehn Jahren Haft wären bei einem Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge rechtlich möglich gewesen. Die Kammer verhängte gegen Ewa P. eine Haftstrafe von sechs Jahren und gegen den Angeklagten M.S. vier Jahre Freiheitsstrafe. Das Gericht war sich sicher, dass beide spontan ein Rennen fuhren und mit absurd hoher Geschwindigkeit in die uneinsehbare Kurve fuhren. Bei Ewa P. konnte eine Geschwindigkeit von 186 km/h nachgewiesen werden, mit der sie auf der falschen Straßenseite in entgegenkommende Fahrzeuge fuhr und den Familienwagen von der Straße schoss - es starben zwei kleine Kinder (2/6).
Verteidigung findet Strafen zu hoch
Nach dem Urteil hatten bereits die Verteidiger angekündigt Berufung beim Bundesgerichtshof gegen das Urteil einzulegen. Für Ewa P. hatte die Verteidigung ein mildes Urteil gefordert, da auch sie verletzt wurde und in letzter Sekunde noch ausweichen wollte. Die Verteidiger von Marco S. erläuterten, dass ihr Mandant an keinem Rennen teilnahm, zwar zu schnell war, aber letztendlich gar nicht in den Unfall verwickelt war. Sie forderten einen Freispruch.
Für die Staatsanwaltschaft bleibt es Mord
Mit 186 km/h nebeneinander herfahrend in eine uneinsehbare Kurve, in der Gegenverkehr zu erwarten war und mit der Folge, dass zwei Kinder starben, mehrere Schwerverletzte und schockierte Ersthelfer bis heute an den Folgen leiden - das ist Mord, findet die Staatsanwaltschaft und geht daher ebenfalls in Revision. „Wir gehen in Revision. Wir werden zunächst die schriftlichen Urteilsgründe abwarten und prüfen und im Anschluss entscheiden, ob die Revision durchgeführt wird“, erklärte Kathrin Söfker, Pressesprecherin Staatsanwaltschaft Hannover auf Nachfrage von Con-nect.de.
Die Prüfung dürfte sich auf die abweichende Auffassung des Schwurgerichts zu der Einschätzung der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die Verwirklichung eines Mordmerkmals sowie insbesondere auf die Feststellungen des Schwurgerichts zum Fehlen eines bedingten Tötungsvorsatzes beziehen. Da die ausgeurteilten Strafen von den Anträgen der Staatsanwaltschaft nach unten abweichen, dürften auch die Strafzumessungserwägungen des Gerichts in die Prüfung einbezogen werden, so Söfker.
„Der Richter hat uns bestraft“
"Bei der Fragestellung: ´War es Mord?` muss man prüfen, gab es ein Wissen und gab es ein Wollen", erklärte der Richter Martin Grote zum Mordvorwurf. So mussten die Angeklagten davon ausgehen, dass es zu einem schweren Unfall kommen kann, bei dem auch sie selbst in Mitleidenschaft gezogen werden können. „Doch sie sind nicht mit der Absicht jemanden zu töten in ihre Fahrzeuge gestiegen“, so der Richter.
Es war schon vor dem Urteil abzusehen, dass keine der Parteien mit dem Urteil zufrieden sein wird - zu weit waren die Parteien mit Freispruch und Mordanklage und Beihilfe zum Mord auseinander.
Keine juristische Strafe könnte das Leid der Eltern jemals mindern. Vater und Mutter zeigten sich nach dem Urteil sichtlich schockiert, dass der Tod ihrer Kinder und die somit zerstörte Familie, so geringe Auswirkungen für die Täter hat. „Der Richter hat uns bestraft“, so der Vater, „Meine Kinder sind tot und die der anderen spielen gerade Playstation. In ein paar Jahren geht das Leben der Angeklagten normal weiter. Meine Frau wurde schon zwei Mal operiert und muss erneut operiert werden. Wir bekommen unsere Kinder nie wieder zurück.“ Die Eltern waren als Nebenkläger aufgetreten und hatten jeden Prozesstag mitverfolgt. Ihr Anwalt fragte im Plädoyer: „Was muss noch geschehen, um das volle Maß des Gesetzes auszuschöpfen?“
Bis sich das BGH der Sache annimmt kann es einige Monate dauern. Bis dann ein Urteil erfolgt, kann es bereits Ende des Jahres sein.