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Kirchdorfer Rehr: Fällt heute das Urteil?

Der völlig zerstörte Audi von Ewa P.

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Hannover/Egestorf. Heute könnte das Urteil im Revisionsprozess zu dem tödlichen Unfall am Kirchdorfer Rehr fallen. Die Angeklagten Ewa P. (41) und Marco S. (41) hatten mehrjährige Freiheitsstrafen erhalten und genau wie die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Bei dem Unfall am 25. Februar 2022 starben zwei kleine Kinder (2, 6) – die Mordanklage der Staatsanwaltschaft bestätigte das Landgericht in erster Instanz nicht. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hatte das Urteil dann teilweise aufgehoben, nun geht es wieder vor das Landgericht Hannover - allerdings vor eine andere Kammer. Heute sollen weitere Zeugen gehört, die Plädoyers gehalten und möglicherweise auch das Urteil gefällt werden.

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Am letzten Donnerstag war die Revisionsverhandlung vor einer anderen Kammer des Landgerichts Hannover gestartet. Zunächst hatte die Vorsitzende Richterin Britta Schlingmann die Rahmenbedingungen für das Revisionsverfahren festgesteckt: "Wir fragen nicht, ob es ein Rennen gab und was passiert ist - das ist ausdrücklich von der Revision ausgeschlossen", stellte sie klar. "Uns geht es darum, was im Tatzeitpunkt in den Köpfen der beiden Angeklagten vor sich ging". Beide Angeklagten hatten sich nach den Formalitäten direkt oder durch ihre Verteidiger bei der Familie der getöteten Kinder entschuldigt - als Nebenkläger wohnten beide Eltern der Verhandlung auch bei.

Während Ewa P. weiter bei ihrer Darstellung blieb, sie wollte gegen 16.15 Uhr nur schnell nach Hause zu ihren Teenager-Kindern, um ihnen Mittagessen zu kochen, räumte Marco S. nunmehr ein Rennen ein. Er habe sich von Ewa P. dazu verleiten lassen. Beide fuhren mit ihren hochmotorisierten Fahrzeugen am Egestorfer Kreisel auf die Straße Kirchdorfer Rehe in Richtung Kirchdorfer Kreisel und überholten zunächst andere Verkehrsteilnehmer. Beim letzten Überholvorgang blieb Ewa P. auf der linken Spur und wollte auch Marco S. überholen. Beide beschleunigten auf 165 bis 180 km/h auf der wenige hundert Meter langen, mit einer langen Kurve mit Kuppe versehenen Straße. Beide hätten jederzeit bremsen und Ewa P einscheren können. Stattdessen kam es unweigerlich zur Kollision des A6 von Ewa P mit mehreren Fahrzeugen. Das vorletzte Fahrzeug war der Nissan der Familie, auf dem Rücksitz die beiden Kinder, 2 und 6 Jahre alt, ordentlich angeschnallt. Auf beiden Fahrbahnen war das Tempo auf 70 km/h begrenzt. Der Audi kam ins Schleudern und in eine Rotationsbewegung und schlug mit der Beifahrerseite, also um 90 Grad gedreht, frontal in den Nissan ein. Der deutlich langsamer fahrende Wagen wurde durch den Aufprall mit der Seite des Audi regelrecht zerquetscht, in die Luft geschleudert und entgegen seiner eigentlichen Fahrtrichtung auf ein Feld katapultiert. Der kleinere der beiden Brüder verstarb noch an der Unfallstelle, der Ältere wenig später im Krankenhaus. Beide Eltern wurden schwer verletzt, sind bis heute noch durch den Unfall vom Februar vor zwei Jahren eingeschränkt.

Ewa P. wurde ebenfalls schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht, Marco S. blieb unverletzt und vom eigentlichen Unfall unbeteiligt. Beiden wurde die Fahrerlaubnis entzogen. Ewa P. kaufte sich im Juni 2022 ein neues hochmotorisiertes Fahrzeug und wurde bei mindestens zwei Fahrten damit gesehen. Sie floh schließlich nach Polen, sie hat die polnische Staatsangehörigkeit. Dort wurde sie aufgrund eines internationalen Haftbefehls später aufgegriffen und verhaftet, nach drei Wochen Haft wurde sie nach Deutschland ausgeliefert und sitzt wegen Fluchtgefahr seither in Untersuchungshaft. Marco S. ist zwar in erster Instanz verurteilt worden, das Urteil wurde aber aufgrund der Revision bisher nicht vollstreckt. Nach eigenen Angaben wohnt er weiterhin in Barsinghausen. Das kann sich ab heute quasi ändern - im ersten Verfahren wurde er zu vier Jahren, Ewa P. zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.

Am zweiten Prozesstag am letzten Freitag kamen die Gutachter zu Ewa P. zu Wort - ein forensischer Psychiater und eine Psychologin. Beide hatten wenig Gutes über die Probandin zu erzählen: „Beim Thema Auto blüht sie auf, wird blumig. Dagegen ist sie bei Beziehungen zu Menschen holzschnittartig und beliebig. In 24 Berufsjahren weicht das stark nach unten ab bei zwischenmenschlichen Beziehungen“, so der Psychiater. Auch die Psychologin formulierte ähnlich: „Ich erlebte verzerrte Selbstwahrnehmung, taktierendes Antwortverhalten, manipulierende Tendenzen. Sie zeigt unechte Reue, Mangel an Empathie, Verantwortungslosigkeit, Missachtung von Normen.“ Nach der Befragung der Gutachter stellte die Verteidigung von Ewa P. den Antrag, weitere Zeugen zu hören. Heute sollen nun die älteste Tochter, zwei ehemalige Kolleginnen und die Psychologin der Vollzugsanstalt Vechta, wo P. derzeit untergebracht ist, gehört werden, forderten die Verteidigerinnen. Die Vorsitzende Richterin wies darauf hin, dass heute auch abschließend die Plädoyers der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft erfolgen sollen und möglichst auch das Urteil verkündet wird. Vorsorglich wurde aber auch der morgige Donnerstag, 25. Juli, noch als Verhandlungstag eingeplant, um dann das Urteil zu sprechen, sollte der heutige Sitzungstag das nicht mehr möglich machen.

Um 9 Uhr beginnt der Prozess, die Redaktion ist wie immer vor Ort und wird zeitnah über neue Begebenheiten aus dem Prozess berichten.

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