Region Hannover.
Das Zollfahndungsamt Hannover ist mit dem Verlauf des Jahres 2017 zufrieden. Schwerpunkte der Ermittlungen waren Tabaksteuerstraftaten, Drogendelikte, Hinterziehung von Antidumpingzoll sowie illegale Waffen- und Sprengstoffimporte.
Es wurden insgesamt 896 Ermittlungsverfahren mit 1099 Beschuldigten neu eingeleitet und eine Vielzahl von Verfahren fortgeführt. In 21 Verfahrenskomplexen richteten sich die Ermittlungen gegen Tätergruppierungen, die der internationalen Organisierten Kriminalität zuzurechnen sind.
"Unsere Ermittlungsziele lassen sich oftmals nur noch mit einem erheblichen Personalaufwand und neuester Technik erreichen. Wir treffen zunehmend auf polizeierfahrene, bestens organisierte Straftäter, die sich entsprechend konspirativ verhalten und äußerst flexibel auf die Verfolgungsmaßnahmen reagieren", sagt der Leiter des Zollfahndungsamtes Hannover Thomas Lieske.
Wie schon seit Jahren, bildete die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OK) wieder einen Tätigkeitsschwerpunkt für das Zollfahndungsamt Hannover. Die entsprechenden Ermittlungen betrafen die Bereiche Tabak-, Energie- und Branntweinsteuer, Betäubungsmittel und Einfuhrzölle, bei denen sich die Täterkreise durch ihre internationale Vernetzung, durch strikte Abschottung und auch durch Einflussnahme auf behördliche Vertreter mittels Korruption auszeichnen. Es erfordert gut aufeinander eingespielte Teams von Spezialisten, um diese Ermittlungen erfolgreich zu führen und die Ergebnisse gerichtssicher aufzubereiten.
Bei ihren Ermittlungen trafen die Zollfahnder zunehmend auf rücksichtslos handelnde Tatverdächtige. Die folgenden Beispiele verdeutlichen, welche Gefährdungspotenziale bei der Ermittlungsarbeit bestehen:
Bei dem beabsichtigten Zugriff auf eine Zigarettenlieferung zu einem Lager in einem Garagenkomplex im Raum Salzwedel rasten die Kuriere mit dem Lieferfahrzeug auf die herannahenden Einsatzkräfte zu. Nur durch das besonnene Verhalten der Fahnder konnten dabei Personenschäden verhindert werden.
Als die Ermittler eine Lagerstätte mit unversteuerten Zigaretten im Raum Schönebeck (Sachsen-Anhalt) durchsuchten, entdeckten sie eine Vielzahl von Sicherungseinrichtungen, die der Beschuldigte angebracht hatte. Zusätzlich zu Riegeln und Schlössern hatte er eine tückische "Stromfalle" installiert. Diese an das Stromnetz angeschlossene Vorrichtung, die offenbar nur zufällig nicht aktiviert war, hätte bei Berührungen des Garagentors einen unter Umständen tödlichen Stromschlag abgeben können.
"Die Bekämpfung der Verbrauchsteuerkriminalität mit ihren professionell aufgestellten Täterorganisationen und europaweit verursachten Steuerschäden in Milliardenhöhe bleibt eine wichtige Herausforderung für den Zollfahndungsdienst, die eine enge internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden erfordert. Dabei müssen wir uns auch auf eine zunehmend skrupelloser agierende Täterklientel einstellen", sagt Thomas Schüre, Pressesprecher des Zollfahndungsamtes Hannover.
Aber auch die Ermittlungsverfahren wegen der Hinterziehung von Zöllen, insbesondere wegen Verstößen gegen die Antidumping-Regelungen zum Schutz der heimischen Wirtschaft gewinnen wieder an Bedeutung, da auch hier der Betrugsanreiz zur Vermeidung der Abgaben ganz erheblich ist. Fast immer ist es bei Ermittlungen in diesem Spezialgebiet erforderlich, umfangreiches Beweismaterial in Form von sichergestellten Dokumenten und Datenbeständen sorgfältig zu sichten und aufzubereiten, wofür beträchtliche Ressourcen nötig sind. Zusätzlich erschwert werden die Ermittlungen oftmals durch komplizierte Verflechtungen der beteiligten Unternehmen.
Im vergangenen Jahr wurden fünf komplexe Verfahren wegen Verdachts der Hinterziehung von Antidumping- und Ausgleichszöllen, die sich auf mehr als 50 Prozent des Wareneinfuhrwertes belaufen können, im Zusammenhang mit der Einfuhr chinesischer Photovoltaik-Module geführt. Es steht ein Steuerschaden von mehr als zehn Millionen Euro im Raum.
Die Beschuldigten hatten bei der Einfuhrabfertigung falsche Angaben über den tatsächlich gezahlten Einkaufspreis gemacht. Indem sie überhöhte Preise anmeldeten, fingierten sie die Einhaltung des für die Erhebung von Antidumping- und Ausgleichszoll maßgeblichen Mindestpreises. Dadurch konnten sie eine erhebliche zusätzliche Abgabenbelastung umgehen und die Module zu günstigen Preisen gewinnbringend vermarkten.
Wie schon in den zurückliegenden Jahren war auch die Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität ein wesentliches Tätigkeitsfeld des Zollfahndungsamtes Hannover einschließlich seiner mit den Länderpolizeien in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen gebildeten Gemeinsamen Ermittlungsgruppen Rauschgift.
Einen Eindruck von dem Facettenreichtum der Ermittlungsarbeit in diesem Deliktbereich will das Zollamt Hannover mit diesen Beispielen vermitteln:
Ein 34-jähriger Mann der sich bereits wegen Rauschgiftdelikten in Strafhaft befand, geriet erneut in den Fokus, da er von der Justizvollzugsanstalt aus den Verkauf von Betäubungsmitteln weiterbetrieb. Er bediente sich dazu mehrerer Komplizen, mit denen er die Einzelheiten im Rahmen von Besuchsterminen in der Haftanstalt absprach. Durch die Ermittlungen konnten im Juni 2017 fünf Tatverdächtige im Raum Delmenhorst festgenommen und dabei mehr als 2 Kilogramm Marihuana sichergestellt werden. Bei anschließenden Wohnungsdurchsuchungen wurden weitere rund 4 Kilogramm Marihuana, 3,2 Kilogramm Amfetamin, sowie 150 Gramm Kokain und 40 Gramm Heroin aufgefunden. Dazu stießen die Ermittler auf diverse Waffen, Elektroschocker und Teleskopschlagstöcke.
Mit neun Festnahmen in den Niederlanden, Spanien, Estland und in Deutschland wurde im Oktober 2017 ein Ermittlungsverfahren der GER Oldenburg, erfolgreich abgeschlossen, welches auf die Aufklärung einer verzweigten Täterstruktur ausgerichtet war. Dieser internationalen Gruppierung, in der ein 38-jähriger Mann aus Jever eine wesentliche Rolle spielte, konnten umfangreiche Rauschgiftgeschäfte auf unterschiedlichen Transportrouten zwischen Ecuador, Spanien, den Niederlanden, Deutschland, Estland und Russland nachgewiesen werden.
Im Verlauf der Ermittlungen erkannten die Fahnder immer deutlicher, wie akribisch die auf strenge Abschottung bedachte und höchst konspirativ agierende Bande konkrete Vorbereitungen traf, um Kokain aus Ecuador nach Europa zu bringen. Mit Hilfe einer ausgefeilten Transportlogistik sollte das Kokain in Seecontainern, versteckt unter Tarnladungen durch die Zollabfertigung gebracht werden. Den Fahndern gelang es, den genauen Ablauf einer auf diese Weise erfolgreich geschmuggelten Rauschgiftpartie zu rekonstruieren.
Parallel zum Kokainschmuggel betrieben die Beschuldigten einen schwunghaften europaweiten Handel mit Cannabis aus Spanien, dem mit Sicherstellungen von mehr als 200 kg Cannabisharz in Lettland und 57 kg Marihuana in Spanien ein Ende gesetzt werden konnte.
Im November 2017 fand ein umfangreiches Ermittlungsverfahren der GER Hannover mit 17 Durchsuchungen und drei Haftbefehlen seinen Abschluss. Zwei Beschuldigte wurden im Raum Goslar und ein weiterer Beschuldigter in Zusammenarbeit mit der italienischen Polizei in Rom in Untersuchungshaft genommen. Sichergestellt wurden unter anderem 500 g Kokain, 3 kg Marihuana und Bargeld.
Ausgangspunkt war die Aussage einer inzwischen zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilten Frau aus der Region Hannover, die als "Berufskurierin" Rauschgifttransporte für verschiedene Auftraggeber, so auch für oben genannten Beschuldigten aus Goslar, durchgeführt hatte. Die Ermittlungen belegen, dass diese mindestens 4 Lieferungen mit jeweils 2 Kilogramm Kokain aus den Niederlanden bezogen hatten. Bei der Observation einer weiteren Lieferung wurden in einem PKW in einer Tiefgarage in Amsterdam 27 Kilogramm Kokain entdeckt und sichergestellt. Zusätzlich kann den Beschuldigten der gewerbsmäßige Handel mit Cannabis nachgewiesen werden.
Die GER Hannover konnte nach mehrmonatigen Ermittlungen im November 2017 in einem umfangreichen Ermittlungsverfahren 160 Kilogramm Marihuana sicherstellen. Das Rauschgift war in zwei speziell dafür umgebauten Dieseltanks einer Sattelzugmaschine eingeschmuggelt worden. Der hinter dieser Lieferung stehenden Tätergruppierung kann die Einfuhr von mehreren hundert Kilogramm Marihuana aus Montenegro nachgewiesen werden, die auf unterschiedlichen Transportwegen in den Raum Hannover gelangt waren. Fünf Tatverdächtige wurden in Untersuchungshaft genommen.
Mit mehr als 260 Fällen war eine deutliche Steigerung bei Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz zu verzeichnen.
Die Zollfahnder gingen zahlreichen Käufen von pyrotechnischen Gegenständen über Internet-Shops im osteuropäischen Ausland mit anschließendem Transport nach Deutschland nach. Fast immer wurden bei den richterlich angeordneten Durchsuchungsmaßnahmen die in Rede stehenden Gegenstände vorgefunden.
Die insgesamt im Jahr 2017 sichergestellten 15.915 pyrotechnischen Gegenstände (z.T. mit einem Gewicht von mehr als 5 Kilogramm pro Stück) besaßen in der Regel eine weit über dem zulässigen Wert liegende Explosionskraft. Sowohl der Versand als auch die anschließende Aufbewahrung (zumeist in Wohngebäuden) geschah ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen.
Das unkalkulierbare Gefahrenpotenzial veranschaulicht beispielhaft der folgenden Aufgriff der Kontrolleinheit Verkehrswege des Hauptzollamtes Göttingen:
Im Dezember 2017 wurde bei einer Zollkontrolle auf der A 2 in der Nähe von Helmstedt ein polnischer PKW mit insgesamt 3.962 nicht zugelassenen Feuerwerkskörpern festgestellt. Die explosive Fracht, die in die Niederlande gehen sollte, war im Kofferraum und in einer Dachgepäckbox verstaut, wodurch das Fahrzeug einer "rollenden Bombe" glich. Zum sicheren Abtransport musste der Kampfmittelräumdienst des Landeskriminalamtes Niedersachsen eingesetzt werden.
Die wesentlichen Ergebnisse des Jahres 2017 in Zahlen zusammengefasst:
Eingeleitete Ermittlungsverfahren 896 Beschuldigte
1.099 Ermittelter Steuerschaden
24,8 Mio. Euro Inlandssicherstellungen
Zigaretten 10,5 Mio. Stück
Zusätzlich ermittelte Zigarettenmenge 60 Mio. Stück