Springe.
Zwölf Wisente aus deutschen Wildparks und Zoos haben am Donnerstag, 10. Mai, ihre neue Heimat in Poieni, Rumänien erreicht. Dort sollen die vom Aussterben bedrohten Wildrinder ausgewildert werden. Das Projektgebiet Poieni liegt in den westlichen Südkarpaten in der Nähe der Ortschaft Densus. Es ist ein Projekt des World Wide Fund For Nature (WWF) in Kooperation mit Rewilding Europe, Romanian Wilderness Society und anderen Partnern vor Ort. Begleitet wurde der Transport von Thomas Hennig, Leiter des Wisentgeheges Springe und Leiter des European Bison Conservation Centers (EBCC), Regionalzentrum Nord. „Ich wollte persönlich sehen, in welchem Gebiet die Wisente ihre neue Heimat finden“, sagt Hennig, der deshalb die Strapazen der Hin- wie auch Rückfahrt im Auto gerne auf sich genommen hat.
In einem ersten Schritt sind jetzt im Projektgebiet Poieni 14 Wisente ausgewildert worden. Zwei stammen aus Rumänien, zwölf aus Deutschland. Ladungsbeginn war am 8. Mai früh in Donaumoos. Dort wurden fünf Wisente nach Rumänien abgaben. Anschließend wurden vier Tiere in Bad Berleburg verladen. Am 9. Mai wurden als letzte drei Wisente in Springe geladen, zwei von ihnen stammen aus Fredeburg und waren bereits im Wisentgehege. Eingesetzt wurde ein Sattelzug, spezialisiert für Rindertransporte. Er ist doppelstöckig und bietet jedem Tier eine einzelne Abteilung. Die Tiere wurden während der Fahrt mit Wasser und Nahrung versorgt. Der Transport hatte am 10. Mai um 11 Uhr das Ziel erreicht. „Die letzte Strecke bis zur sogenannten Akklimatisierungszone war eine echte Herausforderung. Der LKW hat die extremen Wegebedingungen nicht selbst bewerkstelligen können. An etlichen Steigungen und unwegsamen Passagen musste er von einem schweren Forstschlepper gezogen werden“, berichtet Thomas Hennig.
Das Entladen ging sehr ruhig von statten. Die Tiere wurden in den Gruppen, die sich kannten, aus dem Fahrzeug gelassen und dann durch eine Art Treibgang in die Akklimatisierungszone entlassen. Das riesige Projektgebiet selbst ist in drei Zonen aufgeteilt. In der Akklimatisierungszone, sie ist 14 ha groß, verbringen die Wisente, die auf Rumänisch Zimbri heißen, die ersten vier Wochen nach der Ankunft. Durch Öffnung des umgebenden Zauns (E-Zaun, 2 m abgesetzt von einem massiven Holzzaun) können die Tiere die Rewildingzone (Auswilderungszone) erschließen. Diese, immer noch eingezäunte Fläche ist circa 100 Hektar groß. Nach weiteren sechs bis acht Wochen wird auch diese Anlage geöffnet und die Tiere können dann im sogenannten Soft-release die Auswilderungszone verlassen. „Unendliche Wildnis, keine Besiedelung, keine menschliche Infrastruktur – ein Paradies für die bedrohte Tierart“, schwärmt der Leiter des Wisentgeheges Springe.
Die Landschaft ist geprägt von den Bergen und Tälern der Karpaten. Gemischte Laubwälder (Buche, Birke, Eiche, Robinie in der Strauchschicht sehr viel Hasel) auch in lichten Varianten und viele Wiesen und Freiflächen bieten einen geeigneten Lebensraum für Wisente. Es gibt Nahrung im Überfluss über das gesamte Jahr. Im Projektgebiet leben neben den üblichen waldbewohnenden Wildtieren auch die großen Beutegreifer Luchs, Wolf und Bär. Ganzjährig mit Schnee bedeckte Berge liegen in Sichtweite.
„Auf einer Exkursion ins Projektgebiet am Tag danach konnten wir nach langem Suchen tatsächlich einen Teil der am Vortag angekommen Wisente entdecken, was in der stark strukturierten Landschaft nicht selbstverständlich war“, berichtet Thomas Hennig. Damit die Projektbetreiber wissen, in welchem Teil des riesigen Auswilderungsgebiets sich die 14 Tiere befinden, tragen drei Wisente GPS Halsbänder – darunter Sporty aus Springe und Quax aus Berleburg. Neben den GPS-Daten werden auch die jeweilige Uhrzeit und Wetterdaten wie Luftfeuchtigkeit und Luftdruck übermittelt. Die Ergebnisse dienen zur späteren wissenschaftlichen Auswertung.
Thomas Hennig als Leiter des European Bison Conservation Centers (EBCC), Regionalzentrum Nord, bereitet derweil bereits den nächsten Transport nach Rumänien vor. „Im kommenden Jahr geben wir wieder sechs Wisente aus Springe nach Rumänien ab“, so Hennig.