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Vielfalt im KRH Klinikum Nordstadt

Region.

Was ist Vielfalt? Was bedeutet sie? Und wie funktioniert ein Team, bestehend aus vielen verschiedenen Menschen, auch unter ärgstem Druck? Ein Besuch in der Klinik fĂĽr Neurologie des KRH Klinikums Nordstadt.  

Im Raum sitzen drei Frauen und sechs Männer. Eine fragt, sieben antworten, einer fotografiert. Ein Chefarzt, ein Fotograf, sechs Assistenzärzte, eine Redakteurin. Drei tragen lange Haare, sechs kurze. Drei haben einen Bart, zwei voll, ein Schnauzer. Die Haarfarben reichen von Blond ĂĽber Rot und Schwarz bis Grau. Ein paar tragen eine Brille, manche nicht immer.  

Die sieben Mediziner haben etwas gemeinsam: Sie gehören zum Team der Klinik fĂĽr Neurologie im KRH Klinikum Nordstadt. Sechs von ihnen haben denselben Chef. Prof. Dr. Andreas Schwartz hat sie an den Tisch geholt, um ĂĽber Vielfalt zu sprechen und ĂĽber die Frage, was aus vielen Individuen ein Team macht. Denn noch etwas eint diese Gruppe: „Wenn diese Menschen nicht an diesem Krankenhaus arbeiten wĂĽrden, könnten wir in der Neurologie nicht auch im ärgsten Notfall morgens um 3 Uhr die bestmögliche Versorgung sicherstellen.“ Nur wer dies zu leisten vermöge, habe Platz in diesem Team.   Mehr interessiert den Chefarzt nicht – eigentlich. Doch er hat an diesem Vormittag ein Lob zu ĂĽberbringen. „Heute hat eine Patientin angerufen“, erzählt Prof. Dr. Schwartz und ĂĽberrascht mit der folgenden Nachricht auch sein Team: „Sie hat sich ausdrĂĽcklich dafĂĽr bedankt, dass sie zum allerersten Mal in ihrem Leben von einer Krankenhausärztin umarmt worden ist. Das fand sie sehr schön.“ Das fĂĽr einen Klinikalltag offenbar eher ungewöhnliche Lob gilt der Assistenzärztin, drei Plätze weiter rechts, Dorina Drumeva. Warum sie die Patientin umarmt hat? Die junge Frau mit ihren dunklen Locken lacht. „Ich weiĂź es nicht. Aber es passte einfach. Und ich mag ältere Menschen. Denen tut es gut, wenn man sie mal in den Arm nimmt.“  

Kennen und schätzen lernen

Dorina Drumeva hat dies in keinem Lehrbuch gelesen oder in einer Vorlesung gehört. Es gehört einfach zu ihrem Naturell. Ihre Assistenzarzt-Kollegen am Tisch hören mit staunendem Lächeln zu. Man kennt sich. Inzwischen mĂĽsste man sagen. Sie haben sich in den Klinikräumen zwischen dem hannoverschen Schneiderberg und der HaltenhoffstraĂźe kennen und schätzen gelernt. Sie haben sich gegenseitig ihre Geschichte erzählt, berichtet Anjo Heidrich.  

Heidrich ist Sprecher der Assistenzärzte am Klinikum Region Hannover. Er hat in MĂĽnchen studiert und nach dem Abschluss zurĂĽck in seine Geburtsstadt gefunden. Ihm schräg gegenĂĽber sitzt Toruntay Cem Dagli. „Im Gegensatz zu mir sind meine Eltern in der TĂĽrkei geboren“, hält Dagli fest. Drumeva ist in Bulgarien geboren. Ihr Tischnachbar zur Linken,Mohamed Elkenali, in Tunesien . Andrew Ong hat es aus Indonesien in die Nordstadt gezogen, Tamta Lazariashvili aus Georgien. Die bunte Vielfalt, gibt Heidrich zu bedenken, wecke vielleicht ein wenig mehr Neugier untereinander als wenn es nur darum geht, die hannoversche Nord- und SĂĽdstadt zu vergleichen. Dies habe das Team deshalb noch etwas enger aneinandergeschweiĂźt.  

Dem Team hat dies offenkundig gutgetan. Sie haben sich gegenseitig mit kulinarischen Eigenwilligkeiten bekocht, Reisetipps gegeben, sich ihren Werdegang erzählt und wie alle anderen werdenden Mediziner auch, Fakultäten und Dozenten verglichen. An dieser Stelle geht es Dagli, Passfarbe hin oder her, nicht anders als den anderen. Denn er hat eben eine Geschichte mehr zu erzählen als seine aus Hannover stammenden Kommilitonen: „NatĂĽrlich werde ich schon allein ob meines Ă„uĂźeren gefragt, woher ich komme. Und dann sage ich: aus Hannover.“ Ob er diese Frage ĂĽbelnehme, hänge vom Tonfall des GegenĂĽbers ab. „Wenn es um ehrliches Interesse geht, dann ist es ok.“ Denn natĂĽrlich habe er zwei Kulturen, seine persönliche und die seiner Familie. „Und ich bin stolz bilingual aufgewachsen zu sein.“ Reduziere man ihn auf sein Ă„uĂźeres, werde er dagegen etwas schmallippig.  

„Man ist wirklich neugierig aufeinander“, bestätigt auch Elkenali. „Jeder kommt aus einem anderen Land. Jeder hat andere Gewohnheiten, ein anderes Temperament. Wir lernen alle voneinander.“ Elkenali hat in Tunesien nach französischem Standard studiert, wie sein Chef berichtet, und hat in dieser Sprache das Level der Fachsprache längst erreicht. Er hätte danach auch nach Frankreich gehen können, „es wäre fĂĽr mich der einfachere Weg gewesen“, sagt Elkenali. Deutschland aber habe ihn aufgrund der besseren Fachweiterbildung gelockt.  

Auch seine Kolleginnen Lazariashvili und Drumeva fĂĽhren zunächst die fachlichen Komponenten ins Feld als Erklärung, warum sie am Nordstadt-Krankenhaus bleiben wollen. Aber offenbar ist das nicht die ganze Wahrheit. „Ich war zuvor an einem anderen Krankenhaus. Aber dort habe ich mich einfach nicht wohl gefĂĽhlt. Nach einem Jahr bin ich hierhergekommen. Hier ist jetzt meine neurologische Familie“, sagt Drumeva - und lacht. Ihrer Kollegin Lazariashvili geht es nicht viel anders. Studiert hat sie in Hannover und kam dann im Rahmen ihres praktischen Jahres ans KRH Klinikum Nordstadt. „Viele bleiben nach ihrem praktischen Jahr hier, weil es ein tolles Team ist mit netten Kollegen sowohl in der Pflege wie auch bei den Ă„rzten.“ Herkunft hin oder her.  

Lächeln richtig deuten

Nur eine HĂĽrde mussten Heidrich und Dagli nicht nehmen: „Wer in der Neurologie hier arbeitet, muss nicht nur selbst gut Deutsch sprechen, sondern auch in der Lage sein, etwaige Sprachschwierigkeiten der Patienten erkennen zu können“, gibt Prof. Dr. Schwartz zu bedenken. Was ist Dialekt? Was eine aufgrund eines Schlaganfalls verwaschene Aussprache? Dieser Unterschied ist lebensentscheidend. „Zumal ja auch unsere Patienten, egal ob als Notfall oder nicht, der deutschen Sprache nicht immer mächtig sind“, ergänzt der Chefarzt. Und so klingt an diesem Vormittag im Besprechungsraum der neurologischen Klinik nur noch die eine oder andere Färbung in der Unterhaltung an. In Begrifflichkeit oder Artikulation indessen muss niemand zurĂĽckstecken, die Monate des heftigen Deutschpaukens sind fĂĽr vier am Tisch längst vorbei.  

Missverständnisse entstehen – wenn ĂĽberhaupt – nur noch zwischen den Zeilen. „Grundsätzlich könnte man vielleicht sagen, dass die Menschen in Asien höflicher sind“, sagt Andrew Ong. „Es war am Anfang schon ungewohnt, wie direkt man hier miteinander spricht und wie viele Fragen gestellt werden.“ Inzwischen habe er sich allerdings sehr wohl daran gewöhnt, ergänzt er mit einem Lachen. Und er weiĂź sehr wohl zu differenzieren. „Die Deutschen sind unter den Europäern wirklich höflicher als die anderen.“  

Hintergrund: Vielfalt in Zahlen

Die Statistik ist so groß und bunt wie ein Globus. In den Kliniken des KRH nimmt die Liste der Nationalität sowohl bei den Patienten wie auch bei den Mitarbeitenden scheinbar kein Ende. Im vergangenen Jahr gehörten die gut 180.000 Patienten stolzen 128 verschiedenen Nationalitäten an. Nicht viel anders ist es bei den Menschen, die zum Team des KRH Klinikum Region Hannover gehören. 93 Nationalitäten sind unter den insgesamt rund 7500 Mitarbeitenden vertreten, dabei führt der Geschäftsbereich des Bildungszentrums mit 48 verschiedenen Nationalitäten knapp vor dem KRH Klinikum Nordstadt mit insgesamt 44 verschiedenen Herkunftsländern der Mitarbeitenden. Beim Blick auf die verschiedenen Dienstarten eines Krankenhauses liegt der Bereich der Pflege mit 63 Nationalitäten vor dem Ärztlichen Dienst mit 48 und dem klinischen Hauspersonal mit 32 unterschiedlichen Herkunftsländern.