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Stadt Pattensen vs Werretal: Stadt muss einen Teil der Forderungen zahlen

Verwaltungsgericht Hannover.

Pattensen.

Das Verwaltungsgericht Hannover hat heute die Urteile zu zwei von drei Klageverfahren des Erschließungsträgers Werretal gegen die Stadt Pattensen verkündet. Das dritte Verfahren wurde vertagt. Demnach muss die Stadt Pattensen einen Teil der geforderten Summe an die Firma Werretal zurückzahlen - insgesamt knapp 100.000 Euro. Das Gericht hatte die Verfahren gestern verhandelt.

Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts lauten wie folgt:

Die Klägerin, eine überregional tätige Erschließungsträgerin, sollte die Erschließung für ein neues Wohngebiet mit 400-450 Wohneinheiten im Norden von Pattensen vornehmen. Das Bauprojekt sollte auf der Grundlage eines im Jahre 2006 geschlossenen städtebaulichen Vertrages und eines Erschließungsvertrages in drei Bauabschnitten bis zum Jahr 2020 verwirklicht werden.

Drei Klageverfahren wurden am 9. März 2017 verhandelt. In dem Verfahren zu dem Aktenzeichen 15 A 186/15 hat die Kammer die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Die Klägerin macht zum einen Wertausgleich für einen Grundstückstausch geltend. In dem im Jahr 2006 geschlossenen städtebaulichen Vertrag haben Klägerin und Beklagte u.a. einen Grundstückstausch vereinbart. Die Klägerin verpflichtete sich, ein 1.360 m² großes Grundstück voll erschlossen (inzwischen mit einem Kindergarten bebaut) auf die Beklagte zu übertragen. Im Gegenzug erhielt die Klägerin ein nur 826 m² großes Grundstück, das sie selbst erschließen musste. Die Klägerin fordert mit ihrer Klage Wertausgleich in Höhe von ca. 180.000 Euro für den aus ihrer Sicht unangemessenen Grundstückstausch. Die Kammer hält zwar die Regelung über den Grundstückstausch in dem städtebaulichen Vertrag aus zwei Gründen für unwirksam: Es fehle an einer notariellen Beurkundung, die bei Grundstücksgeschäften erforderlich sei. Zudem verstoße die Regelung gegen das Koppelungsverbot. Die Beklagte habe mit dem für die Klägerin ungünstigen Grundstückstausch den Wert abschöpfen wollen, den die Klägerin dadurch erspart habe, dass in einem anderen Erschließungsgebiet („Hornfeld") die ursprünglich beabsichtigte Errichtung eines Kreisels weggefallen sei. Gleichwohl habe die Klägerin keinen Anspruch auf Wertausgleich, weil sie nach Auffassung der Kammer die Unwirksamkeit der Regelung im städtebaulichen Vertrag über den Grundstückstausch gekannt habe. Als eine in Grundstücksgeschäften erfahrene Erschließungsträgerin habe sie gewusst, dass Rechtsgeschäfte, mit denen sich jemand zur Übertragung von Grundstücken verpflichte, der notariellen Beurkundung bedürften. Wenn jemand wisse, dass er ohne Rechtsgrund leiste, habe er keinen Anspruch auf Rückforderung bzw. hier Wertausgleich.

Die Klägerin verlangt zudem Bürgschaftskosten. In einem früheren Klageverfahren hat das Gericht den Erschließungsvertrag für den ersten Bauabschnitt im Baugebiet Pattensen Mitte-Nord für unwirksam erklärt und die Beklagte zur Herausgabe von Bürgschaftsurkunden verpflichtet. Die Bereitstellung der Bürgschaften verursachte über die Jahre Kosten in Höhe von rund 116.500 Euro, deren Erstattung die Klägerin geltend macht. Die Kammer hat die Klage auch insoweit abgewiesen. Ein Bereicherungsanspruch bestehe nicht, weil die Beklagte keinen Vermögensvorteil dadurch erlangt habe, dass die Klägerin Bürgschaftskosten gehabt habe. Einen Anspruch auf Erstattung eines Verzugsschadens wegen verspäteter Rückgabe der Bürgschaftsurkunden bestehe ebenfalls nicht, weil die zivilrechtlichen Verzugsregeln bei der Rückabwicklung gescheiterter öffentlich-rechtlicher Verträge keine Anwendung fänden.

Erfolg hatte die Klägerin lediglich, soweit sie Erstattung von Bürgschaftsmehrkosten in Höhe von rund 5.500 Euro verlangt hat. Die Beklagte hatte es aus Sicht der Kammer zu Unrecht abgelehnt, die Bürgschaftsurkunden der einen Bank gegen Bürgschaftsurkunden einer anderen Bank zu tauschen. Infolge des abgelehnten Austauschs der Bürgschaften musste die Klägerin höhere Zinsen zahlen.

In dem Verfahren zu dem Aktenzeichen 15 A 2077/15 hat die Kammer der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Soweit die Klägerin Erstattung von Kosten für die Herstellung von Regenwasseranschlüssen geltend macht, hat die Kammer den Verwaltungsrechtsweg für nicht gegeben erachtet und das Verfahren an das Landgericht Hannover verwiesen. Mit ihrer Leistungsklage auf Zahlung von knapp 90.000 Euro hat die Klägerin Erfolg. Nach dem Erschließungsvertrag für den zweiten Bauabschnitt war die Klägerin verpflichtet, die Schmutzwasserkanalisation einschließlich Grundstücksanschluss herzustellen. Die Kosten hierfür betrugen rund 150.000 Euro (so die Klägerin) bzw. etwa 125.000 Euro (so die Beklagte). Der Erschließungsvertrag trifft eine Kostenerstattungs- und Tilgungsregelung, über deren genauen Inhalt die Beteiligten streiten. Die Klägerin meint, sie tilge mit der Herstellung der Schmutzwasseranlage die Kanalbeitragsschulden aller Käufer (die in der Summe nach der Kanalbaubeitragssatzung der Beklagten, also wenn die Beklagte sie nach ihrer Satzung alle zu Beiträgen heranziehen würde, rund 220.000 Euro Kanalbaubeiträge zahlen müssten), während nach Auffassung der Beklagten eine Tilgung nur insoweit erfolgt, bis die tatsächlichen Herstellungskosten (die nach ihrer Auffassung 125.000 Euro betragen) erreicht sind. Nach Auffassung der Kammer ist die zwischen den Beteiligten getroffene Regelung so zu verstehen, dass die Klägerin mit der Herstellung der Anlage die Beitragsschulden aller Käufer tilgt. Da die Beklagte den Kanalbaubeitrag nicht bei allen Käufern als getilgt angesehen hat, sondern nur bis zur Höhe von rund 125.000 Euro, hat sie die übrigen 33 Käufer zu Kanalbaubeiträgen in Höhe von insgesamt rund 90.000 Euro herangezogen. Nach den Kaufverträgen, welche die Klägerin mit den Grundstückskäufern geschlossen hat, mussten diese einen Kaufpreisanteil für Kanalbaukosten in Höhe der Kanalbaubeitragssatzung an die Klägerin zahlen. Die Kaufverträge regelten weiter, dass die Klägerin diesen Kaufpreisanteil im Fall der (doppelten) Inanspruchnahme durch die Beklagte erstatten muss. Nach Heranziehung der 33 Käufer zu Kanalbaubeiträgen durch die Beklagte musste die Klägerin 90.000 Euro zurückzahlen. Diese verlangt sie nun mit Erfolg von der Beklagten zurück.

Die Klägerin hatte auch mit ihrem Feststellungsantrag, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden aus unterbliebener Freigabeerklärung von auf Notaranderkonten liegenden Gelder zu erstatten, Erfolg.

Das Verfahren zu dem Aktenzeichen 15 A 1721/17 hat die Kammer vertagt. Die Klägerin begehrt von der Beklagten in diesem Verfahren Schadensersatz in Höhe von etwa 31.000 Euro. Die Vertagung erfolgte vor dem Hintergrund, dass der Klägerin noch die Gelegenheit gegeben werden soll, den Schadensersatzanspruch konkret zu berechnen. Gegen die Urteile können die Beteiligten Anträge auf Zulassung der Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht stellen.