Gehrden / Region.
Tut das weh? Wer ins Krankenhaus und vielleicht sogar operiert werden muss, fragt sich dies wahrscheinlich als Erstes. Doch die Sorge muss nicht sein. Das KRH Klinikum Robert Koch Gehrden hat dem Schmerz den Kampf angesagt und ist vor drei Jahren als âschmerzarmes Krankenhausâ vom TĂV Rheinland zertifiziert worden.
Wer sich ĂŒber Schmerzen beklagt, muss sich nicht schĂ€men. Manchmal freuen sich darĂŒber sogar alle. âTatsĂ€chlich begann in Gehrden alles mit Patientenbeschwerden ĂŒber unzureichende Schmerztherapie.â Dr. Barbara Lehmann-Dorl, FachĂ€rztin fĂŒr AnĂ€sthesiologie und Leiterin des Akutschmerzmanagements am KRH Klinikum Robert Koch Gehrden, klingt auch knapp fĂŒnf Jahre nach dem Start dieses Angebots noch leicht verwundert, dass es all dies nicht schon viel frĂŒher gegeben hat.
Im Kern stehen der Akutschmerzdienst fĂŒr einen individuellen Blick auf den Patienten sowie umfĂ€nglich definierte Leitlinien fĂŒr die an den operativen Eingriff angepasste Akutschmerztherapie. Die Empfehlungen der Leitlinien sind das Resultat von groĂen Untersuchungen mit hohen Patientenzahlen und haben ein Ziel: Den Schmerz schnellstmöglich deutlich zu verringern, um eine zĂŒgige Genesung zu unterstĂŒtzen. In enger Zusammenarbeit mit den AnĂ€sthesisten, den operativen StationsĂ€rzten und den PflegekrĂ€ften ist tĂ€glich eine speziell ausgebildete Pain Nurse (Schmerz-Schwester) fĂŒr die Betroffenen da.
Zweimal pro Tag Visite zur Schmerztherapie
Gemeinsam begleiten sie die Schmerztherapie des Patienten. âAlle 48 Stunden hinterfragen wir Auswahl und Dosierung der Schmerzmedikamenteâ, sagt die AnĂ€sthesiologin. Das reicht von der Tablettengabe bis zu rĂŒckenmarksnahen Verfahren wie dem Periduralkatheter fĂŒr groĂe Baucheingriffe oder Nervenkathetern bei Knieoperationen. âIm Falle der Katheterverfahren bekommen die Patienten eine Medikamentenpumpe, die sie selbst steuern können.â Angeboten wird alles, was helfen kann: WĂ€rme, Lagerung oder auch homöopathische Anwendungen. Die Pain Nurse betreut diese Verfahren in Absprache mit den Ărzten. Zweimal pro Tag bekommen die Patienten Besuch vom Akutschmerzdienst: vom AnĂ€sthesisten sowie von der Pain Nurse. Alle PflegekrĂ€fte sind ĂŒber das individuell vereinbarte Verfahren informiert. AngestoĂen wurde die bundesweite Initiative gegen vermeidbare Schmerzen 2003 durch Prof. Dr. Christoph Meier (Bochum) und Prof. Dr. JĂŒrgen Osterbrink (Witten-Herdecke). Auslöser waren Studien, nach denen bis zu 80 Prozent aller Krankenhauspatienten unter unnötigen Schmerzen litten.
Inzwischen sind bundesweit mehr als 240 Kliniken auf diesem Gebiet aktiv, der TĂV Rheinland hat 60 Kliniken unter dem Titel âQualitĂ€tsmanagement Akutschmerztherapieâ zertifiziert, darunter auch das KRH Klinikum Robert Koch Gehrden. Zu verdanken ist dies einem glĂŒcklichen Umstand: dem Tag, an dem sich Justine Zetaic bei Dr. Barbara Lehmann-Dorl als Pflegekraft bewarb. Beide hatten bereits voneinander gehört und von ihren Ambitionen, unnötigen Schmerzen im Krankenhaus den Garaus zu machen. Justine Zetaic lieĂ sich zur Pain Nurse fortbilden. âGemeinsam haben wir dann hier in Gehrden das Schulungsprogramm fĂŒr alle Mitarbeiter des Krankenhauses aufgebaut.â Inzwischen sind in Gehrden insgesamt fĂŒnf Pain Nurses im Einsatz. âDamit ist garantiert, dass an jedem Tag mindestens eine im Dienst istâ, berichtet Justine Zetaic.
Schmerzfrei geringeres Risiko fĂŒr Komplikationen
Inzwischen sind alle Mitarbeiter bestens geschult: Schmerzmessung und -dokumentation, Schmerzmedikation sowie der Einsatz von Schmerzkathetern zĂ€hlen zu den Lehrblöcken. Dr. Lehmann-Dorl und Justine Zetaic machen keinen Hehl aus der enormen Ăberzeugungsarbeit, bei allen Mitarbeitern das Bewusstsein fĂŒr diese Arbeit zu wecken. Und dass sie eine Kleinigkeit verĂ€ndert haben: âDie Initiative ist als âschmerzfreies Krankenhausâ betiteltâ, rĂ€umt die FachĂ€rztin ein. âAber das wĂ€re ein Versprechen, das niemand halten kann.â
Heute möchte in Gehrden niemand mehr die Zeit zurĂŒckdrehen. Denn eine effiziente Schmerztherapie erlaube nicht nur von Beginn des Krankenhausaufenthaltes an eine deutlich schnellere Mobilisierung der Patienten, eine kĂŒrzere Liegezeit und damit auch geringere Kosten. Sie schĂŒtzt darĂŒber hinaus auch vor Komplikationen. âWer vor Schmerzen nur flach atmen kann, riskiert viel schneller, eine LungenentzĂŒndung zu entwickelnâ, erlĂ€utert Dr. Barbara Lehmann-Dorl. FĂŒr Justine Zetaic geht dies noch weiter: âMit schmerzarmen Patienten zu arbeiten, entlastet die Pflegenden enorm.â Die hĂ€ufigeren Wege seien kein Problem. âWir können viel effizienter und produktiver arbeiten.â