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Drogenhilfe könnte Todesfälle verhindern

Region.

Kommunale Drogenhilfe kann Leben retten und Gesundheit erhalten - ist aber chronisch unterfinanziert. Die Zahl der Drogentodesfälle könnte deutlich niedriger sein. Passgenaue Hilfe bei Problemen im Umgang mit Drogen - dafür gibt es die kommunale Suchthilfe.

Vielerorts ist die Drogenhilfe dramatisch unterfinanziert, dies kostet Menschen das Leben. Der Internationale Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher  am 21. Juli steht darum dieses Jahr unter dem Motto: "Ãœberleben und Gesundheit gibt es nicht zum Nulltarif". Denn die Zahl der Toten könnte deutlich geringer sein.

"Die so genannten Drogentoten fallen nicht einfach den Substanzen zum Opfer", sagt Sven Warminsky vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe. "Viele Menschen sterben, weil ihnen vorher keine passende Unterstützung angeboten wurde. Drogenhilfe kann Leben retten und Gesundheitsrisiken wie HIV- und Hepatitis-Infektionen reduzieren. Die Finanzierung sollte selbstverständlich sein. An Menschenleben spart man nicht!" Schwindende Ressourcen

Die Finanzierung der kommunalen Drogenhilfe in Deutschland geht laut Deutscher Suchthilfestatistik faktisch zurück. Kürzungen beziehungsweise keine Erhöhungen bei steigenden Kosten und auslaufende Modellprojekte reißen Lücken in die Versorgungslandschaft. "Die Versorgung von Menschen mit Drogenproblemen ist in den letzten Jahren faktisch schlechter geworden. Dabei müsste sie ausgebaut werden, denn neue Substanzen und verändertes Konsumverhalten erfordern differenzierte Antworten", betont DAH-Vorstand Sven Warminsky. Fachwelt und Politik weisen seit Jahren auf dieses Problem hin. Der Bedarf an Suchthilfe wächst. Rund eine halbe Million Menschen sucht laut Bericht der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht jährlich Beratung und Unterstützung in ambulanten Einrichtungen. Auch Marlene Mortler (CSU) hat in ihrer gerade beendeten Amtszeit als Drogenbeauftragte der Bundesregierung die Bedeutung der kommunalen Drogenhilfe unterstrichen. Bundesregierung muss Impulse geben

Ein zentrales Problem: Der Bund finanziert immer wieder Modellprojekte, die erfolgreich verlaufen, nach Ablauf aber in den Kommunen nicht weitergeführt werden. DAH-Vorstand Sven Warminsky: "Nachweislich wirksame Maßnahmen müssen in die Regelfinanzierung vor Ort übergehen. Die Kommunen stehen in der Pflicht, Innovationen auch langfristig zu ermöglichen. Die Bundesregierung muss hier ein klares Signal setzen und mit Ländern und Kommunen gemeinsam Lösungen entwickeln.

Um Menschen möglichst früh gezielt zu unterstützen, müssen die Angebote dauerhaft finanziell abgesichert und gut vernetzt sein."

Was hilft Suchtforschung und praktische Erfahrungen in der Drogenhilfe zeigen klar, welche Maßnahmen und Einrichtungen benötigt werden:

- Drogenkonsumräume ermöglichen schnelle Hilfe bei einer Überdosis und vermeiden Infektionen, doch neun Bundesländer nutzen diese Möglichkeit nicht.

- Leicht erreichbare Angebote für Tests auf HIV und Hepatitis fördern frühe Diagnose und Behandlung und verhindern weitere Infektionen. Sie müssen ausgebaut werden.

- Das Notfallmedikament Naloxon rettet Leben bei einer Überdosis Heroin. Es muss nicht nur an Abhängige, sondern auch an Polizei, Drogenhilfe, Angehörige und andere potenzielle Ersthelfer abgebeben werden

- begleitet von umfassenden Schulungsprogrammen.

- Angebote, die Konsumierende vor Ort aktiv aufsuchen, sorgen dafür, dass mehr Menschen erreicht werden, Sie müssen ausgebaut werden.

- Benötigt werden noch mehr spezielle Beratungsangebote und Hilfestrukturen, die neu entstandene Herausforderungen in den Blick nehmen, z.B. für Menschen, die synthetische Drogen in Verbindung mit Sexualität konsumieren (Chemsex).

- Die deutliche Zunahme des Konsums so genannter neupsychoaktiver Substanzen" (NPS) erfordert mehr mobile Angebote des Drugchecking in Verbindung mit Beratungsangeboten.

Dringend erforderlich sind außerdem längere Öffnungszeiten der bestehenden Einrichtungen, mehr Personal und kontinuierliche Fortbildungsangebote, die bisher häufig nur in sehr beschränktem Maße möglich sind. Auch ausreichend Zeit, um sich um die jeweiligen Menschen empathisch zu kümmern, gibt es nicht zum Nulltarif.

Kommunale Einrichtungen leisten dabei mehr als Hilfe im Einzelfall: "Drogenhilfe schafft auch soziale Orte, an denen Drogen konsumierende Menschen sich über Gesundheitsfragen informieren und Kraft schöpfen können, auch um sich mit ihrer Situation auseinanderzusetzen und Hilfe in Anspruch zu nehmen", betont Warminsky.

Im Jahr 2018 starben 1276 an den Folgen von Schwarzmarktsubstanzen mit unbekanntem Reinheitsgehalt, etwa die Hälfte davon an Heroin.