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Brandanschläge dienten Unterstützung der PKK

Region.

Der 5. Strafsenat - Staatsschutzsenat - des Oberlandesgerichts Celle hat am Mittwoch vier Angeklagte syrischer und irakischer Herkunft im Alter zwischen 21 und 23 Jahren unter anderem wegen versuchter schwerer Brandstiftung und wegen Unterstützung der PKK als einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und drei Monaten beziehungsweise zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt (Az. 5 StS 2/18).

Nach 18 Verhandlungstagen sah der Senat es aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme als erwiesen an, dass zwei der vier Angeklagten zunächst am 11. März 2018 in Hannover die Reifen eines Pkw, auf dem ein Aufkleber mit der Unterschrift „Atatürk" angebracht war, mit Grillanzündern und Benzin in Brand gesetzt haben und alle vier Angeklagten gemeinschaftlich zwei Tage später in Garbsen versucht haben, ein Gebäude in Brand zu setzen, in dem sich unter anderem die Geschäftslokale von zwei türkischstämmigen Inhabern und mehr als 20 Wohnungen befanden.

Beide Taten wurden für eine spätere Verbreitung im Internet mit Mobiltelefonen gefilmt. Drei der Angeklagten warfen zunächst Steine gegen die Scheiben der beiden Geschäftslokale, ohne dass diese zerbrachen. Danach schleuderten sie Molotow-Cocktails direkt vor den Scheiben auf den Boden beziehungsweise auf das Flachdach des Gebäudes. Der vierte Angeklagte filmte das Geschehen mit seinem Mobiltelefon. Durch die Brandsätze fing neben einer Markise auch die auf dem Flachdach verlegte Dachpappe Feuer. An dem Gebäude wurde ein Sachschaden in Höhe von circa 4.000 Euro verursacht. Bei dem Brandanschlag auf den Pkw waren dessen Reifen und einige Fahrzeugteile zerstört worden, wodurch ein Schaden in Höhe von circa 1.200 Euro entstand. In beiden Fällen konnte die Feuerwehr eine Ausbreitung des Feuers beziehungsweise ein Ausbrennen des Fahrzeugs verhindern. 

Die Taten fanden im zeitlichen Zusammenhang mit zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen in Hannover gegen die im Januar 2018 begonnene Offensive des türkischen Militärs („Operation Olivenzweig") gegen kurdische Milizen und die Volksverteidigungseinheiten (YPG) in der nordsyrischen Region um Afrin statt. Die vier Angeklagten sind kurdischer beziehungsweise jesidischer Volkszugehörigkeit. Drei von ihnen stammen aus der Region um Afrin. Wegen des Krieges in ihren Heimatländern sind die vier Angeklagten nach Deutschland eingereist. Ihre Beteiligung an dem Brandanschlag vom 13. März 2018 in Garbsen haben die Angeklagten gestanden, zu ihrer Motivation aber die Sorge um ihre noch in Syrien beziehungsweise im Irak lebenden Familienangehörigen genannt.

Nach der Ãœberzeugung des Senats haben die Angeklagten die Taten allerdings jeweils auf konkrete Anweisung eines an diesem Verfahren nicht beteiligten Dritten begangen, bei dem es sich um einen Parteikader (Leiter der Jugendorganisation der PKK) gehandelt habe. Gegen diesen Dritten wird ebenfalls ermittelt, er ist aber untergetaucht und befindet sich auf der Flucht.

Auch wenn im Verfahren nicht feststellbar gewesen sei, dass die PKK sich zu den Taten der Angeklagten bekannt habe, seien diese Taten für die Vereinigung objektiv nützlich gewesen. Die Bundesrepublik Deutschland habe in den zurückliegenden Jahren zwar als sicherer Rückzugsraum für die PKK gegolten, weshalb hier keine Anschläge verübt werden sollten. Dies habe sich aber jedenfalls Anfang 2018 nach der Offensive des türkischen Militärs in der Region um Afrin geändert. Seither seien auch in Deutschland mehrere Brandanschläge nach ähnlichem Muster verübt worden, die sich ebenfalls gegen türkische Einrichtungen und Fahrzeuge gerichtet hätten, von denen sich die PKK-Führung nicht klar distanziert habe. Vielmehr habe die Jugendorganisation der PKK im Internet zu gerade solchen Taten aufgerufen. 

Durch ihre Taten hätten die Angeklagten die Gefährlichkeit der PKK in Kenntnis dessen gefestigt, dass diese ihre Ziele durch das Begehen von Mord und Totschlag durchzusetzen versucht und damit eine terroristische Vereinigung im Ausland unter-stützt (§§ 129b, 129a Abs. 5 StGB). Die Angeklagten befinden sich wegen der abgeurteilten Taten seit über neun Monaten in Untersuchungshaft. Da die vom Senat verhängten Freiheitsstrafen mehr als zwei Jahre betragen, konnte deren Vollstreckung nach dem Gesetz nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden (§ 56 Abs. 2 Satz 1 StGB).

Bei dem Strafmaß blieb der Senat nur knapp unter den von der Generalstaatsanwaltschaft Celle geforderten (Gesamt)Freiheitsstrafen von zwei Jahren und drei Monaten beziehungsweise zwei Jahren und neun Monaten. Die Verteidiger der Angeklagten hatten jeweils Freiheitsstrafen von (deutlich) weniger als zwei Jahre beantragt und angeregt, die Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann mit der Revision zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.