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Wegen akuter Rückenschmerzen aufgrund langjährig bestehender Bandscheibenschäden waren einem 50-jährigen Patienten von dessen Hausarzt binnen einer Woche vier Mal die Präparate Solu-Decortin und Diclofenac gleichzeitig in die Gesäßmuskulatur injiziert worden. Einige Stunden nach Verabreichung der vierten Spritze kollabierte der Patient zu Hause. Er wurde mit Schüttelfrost, Atemschwierigkeiten und Schmerzen als Notfall im Krankenhaus aufgenommen, wo er sofort intensivmedizinisch behandelt wurde.
Auslöser des erlittenen Kollapses war ein schwerer septischer Schock, der ein multiples Organversagen und schließlich dauerhaft eine weitgehende Körperlähmung bei dem Patienten bewirkte. Ursache der Sepsis war, wie sich später herausstellte, ein sogenanntes Spritzenabszess. Es schloss sich ein mehr als ein Jahr andauernder, dramatischer Leidensprozess an, währenddessen der Patient ohne Aussicht auf eine Besserung dauerhaft künstlich beatmet werden musste und weitgehend gelähmt blieb. Am Ende dieses Leidensprozesses stand der ärztlich begleitete Freitod des Patienten, der seinen Sterbewunsch über Monate hinweg geäußert und diesen auch in Ethikgesprächen mit den behandelnden Ärzten bekräftigt hatte. Der Patient war verheiratet und Vater von drei minderjährigen Kindern. Die Witwe und ihre Kinder als Erbengemeinschaft nahmen den Hausarzt, der die Spritzen verabreicht hatte, vor dem Landgericht Lüneburg wegen eines Behandlungsfehlers auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch.
Das Landgericht Lüneburg wertete die ärztliche Behandlung als grob fehlerhaft und verurteilte den Hausarzt zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 500.000 Euro. Nach Überzeugung des durch einen medizinischen Sachverständigen beratenen Landgerichts widersprach die intramuskuläre Injektion der beiden Präparate sowohl dem fachlichen medizinischen Standard als auch den gängigen Leitempfehlungen. Die gegen dieses Urteil von dem Hausarzt eingelegte Berufung blieb erfolglos. Der für Arzthaftungssachen zuständige 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat die Berufung durch Beschluss vom 10. August als unbegründet zurückgewiesen. In einem vorausgegangenen Hinweisbeschluss hatte der Senat ausgeführt, dass die Entscheidung des Landgerichts rechtsfehlerfrei sei. Mit Recht habe das Landgericht auf der Grundlage des überzeugenden Sachverständigengutachtens die Injektion der konkret verabreichten Medikamente als einen groben Behandlungsfehler gewertet. Es komme auch nicht darauf an, ob der Patient vor Verabreichung der Injektionen in diese eingewilligt habe, weil eine kontraindizierte Behandlung nicht durch eine Einwilligung gerechtfertigt werden könne. Dass der dramatische Krankheitsverlauf ungewöhnlich und nicht vorhersehbar gewesen sei, stehe der Haftung des Hausarztes ebenfalls nicht entgegen. Das vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld sei auch in der ausgeurteilten Höhe angemessen, denn es müsse insbesondere das extreme Leiden des verstorbenen Patienten berücksichtigt werden, der sich seiner Beeinträchtigungen bewusst gewesen sei und deshalb in besonderem Maße darunter gelitten habe. Dass sich dieser Leidensprozess über einen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr erstreckt und nicht länger gedauert habe, rechtfertige es nicht, ein geringeres Schmerzensgeld festzusetzen. Der Dauer des Leidens komme wegen der besonderen Umstände des Todes des Patienten bei der Bemessung des Schmerzensgeldes keine Bedeutung zu, denn dieser habe den Freitod nur gewählt hatte, um sein Leiden zu beenden.
Die von dem Hausarzt eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 12. März zurückgewiesen. Damit ist das Urteil rechtskräftig.