Barsinghausen.
„Der Wunsch von Stadtwerke-Geschäftsführer Jochen Möller, mehr Sachlichkeit in die Diskussion um den Neubau des Wasserwerkes zu bringen, ist grundsätzlich zu begrüßen“, sagt Barsinghausens Bürgermeister Marc Lahmann angesichts der jüngsten Äußerungen Möllers in den Medien. „Bei der Tragweite der zu treffenden Entscheidungen hat der Stadtwerke-Geschäftsführer absolut Recht, wenn er eine objektive und an Fakten orientierte Diskussion als einzige verantwortungsvolle Herangehensweise ansieht.“
„Aus Sicht der Verwaltung hat Möller jedoch mit seiner Stellungnahme nicht dazu beigetragen, dass die Debatte um das Großprojekt an Sachlichkeit gewinnt, vielmehr hat dieser in seinen Ausführungen wichtige Aspekte ungenannt gelassen“, sagt der Bürgermeister. So habe der Stadtwerke-Geschäftsführer beispielweise nicht erwähnt, dass in dem Fall, dass das Schnellentcarbonisierungsverfahren gewählt und gleichzeitig eine Kooperation mit einem Nachbarversorger geschlossen werde, die Kosten bei 77 Cent pro Kubikmeter Trinkwasser/Kunde liegen, heißt es seitens der Verwaltung. Möller hatte in seiner Stellungnahme vielmehr die Kosten für die Schnellentcarbonisierung auf 92 Cent pro Kubikmeter beziffert. Die Kostendifferenz zur Carix-Methode beträgt aus Sicht der Verwaltung zwischen Best-Case und Worst-Case nicht 16 Cent, sondern 31 Cent pro Kubikmeter. Im schlimmste Fall führt das Carix-Verfahren also zu einer Kostensteigerung von mehr als 40 Prozent für den Verbraucher. „Bei einem durchschnittlichen Wasserverbrauch von 40 Kubikmetern pro Kopf im Jahr ergibt sich bei einem fünfköpfigen Haushalt eine Mehrbelastung von 62 Euro pro Jahr“, erklärt Stadtsprecher Benjamin Schrader.
Welchen Preis die Verbraucher am Ende zahlen müssen, hänge maßgeblich davon ab, ob das sogenannte Prozesswasser, das bei der Wasserförderung und -aufbereitung entsteht, in die Südaue als Vorfluter eingeleitet werden darf. Der Stadtwerke-Geschäftsführer hatte in seiner Stellungnahme davon gesprochen, dass beim Carix-Verfahren die Wahrscheinlichkeit einer Einleitungsgenehmigung am größten sei. Dem widerspricht die Verwaltung scharf. Das Gutacher-Unternehmen H²U habe es als fraglich bezeichnet, ob diese Genehmigung für das Carix-Verfahren erteilt werde. Durch das Herausfiltern des Sulfats entstünden hohe Salzfrachten, was insbesondere im Sommer zu Problemen führen könne, wenn die Südaue wenig Wasser führt. "Wenn der Stadtwerke-Geschäftsführer davon spricht, dass keine Stoffe in den Vorfluter eingeleitet werden, die nicht im Grundwasser enthalten sind, so ist dies zwar richtig, er verschweigt aber, dass die Salzkonzentration extrem erhöht wird, und er versucht damit, die Bürgerinnen und Bürger zu täuschen. Es ist der Verwaltung zufolge also überaus fraglich, ob die Genehmigung beim Carix-Verfahren nach der europäischen Wasserrechtsrichtlinie überhaupt erteilt werden kann."
Bei der Schnellentcarbonisierung seien die Experten hingegen zu dem Schluss gekommen, dass die Einleitung in die Südaue möglich sein werde, so die Verwaltung weiter. H²U gehe davon aus, dass bei der Schnellentcarbonisierung nur leichte Kalkeintrübungen durch das eingeleitete Wasser entstünden, nach Ansicht der Verwaltung entsteht also eine äußerst geringe Umweltbelastung.
Auch den Hinweis des Stadtwerke-Geschäftsführers, dass einer der sechs Brunnen einen Spitzenwert von 360 Milligramm Sulfat pro Liter habe und damit oberhalb des Grenzwertes von 250 Milligramm pro Liter liege, hält die Verwaltung für zu kurz gegriffen: "Dieser Brunnen lag in anderen Jahren deutlich unter dem Höchstwert. 2016 wurde bei diesem Brunnen sogar ein Wert von 140 Milligramm Sulfat pro Liter vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) gemessen. Seit 2009 hat lediglich bei zwei Messungen der ermittelte Wert etwas oberhalb von 250 Milligramm pro Liter gelegen. Einzelne Messergebnisse haben dem Landesbetrieb zufolge sogar bei nur 120 Milligramm pro Liter gelegen." Möller hat aus Sicht der Verwaltung auch den Umstand nicht erwähnt, dass das Wasser aus den sechs Brunnen gemischt werde.
Zugleich verweist die Verwaltung darauf, dass es bei der Investitionssumme auch Unterschiede zwischen den beiden Verfahren gibt: "Bei der Schnellentcarbonisierung bleibt diese gleich, unabhängig davon, ob eine solche Genehmigung erteilt wird oder nicht. Beim Carix-Verfahren wirkt sich die Entscheidung der zuständigen Behörde jedoch deutlich auf das Investitionsvolumen aus: Im schlimmsten Fall, also bei einer Versagung der Einleitgenehmigung, liegt die Summe rund 1,5 Millionen Euro über dem Betrag für die Schnellentcarbonisierung", heißt es seitens der Verwaltung abschließend.
Auch Möllers Aussage, dass es beim Carix-Verfahren zu keinen Verzögerungen beim Neubau des Wasserwerkes komme, ruft bei der Verwaltung Verwunderung hervor: "Die Gutachter hatten in ihrer Bewertung der unterschiedlichen Verfahren betont, dass eine Entscheidung für das Carix-Verfahren bei einer Versagung der Genehmigung, Prozesswasser in die Südaue einleiten zu dürfen, zu einer Verzögerung von gut sehr Monaten führen kann."
Weitere Stellungnahmen zum Thema:
https://www.con-nect.de/barsinghausen/nachricht/26317-fdp-bezieht-position-zum-wasserwerk-eckerde.html
https://www.con-nect.de/nachricht/26233-spd-bekraeftigt-position-zum-wasserwerk-eckerde-und-kritisiert-cdu.htm
https://www.con-nect.de/barsinghausen/nachricht/26418-wasserwerk-petition-endet-am-18-september-2019.htmll