Großgoltern/Barsinghausen .
"Wieder einmal verlieren bei uns in Barsinghausen Vögel, die an Gebäuden brüten, ihre Brutstätten", darauf weist Naturschützerin Hannelore Owens hin. Die Albert-Schweitzer-Schule (ASS) in Großgoltern wird im Sommer energetisch saniert. Das Dach wird ausgetauscht und die Fassade gedämmt. Owens wird heute ab 13 Uhr mit ihrem Mitstreiter Wolfgang Hoppe künstliche Nisthilfen an der ASS begutachten.
„Aber gerade im Sommer brüten dort zahlreiche Mehlschwalben unter der Traufe in ihren seit Jahrzehnten angestammten Nestern“, sagt Owens. Sie habe die Vögel seit Jahren beobachtet und mit einem Mitstreiter vor einigen Jahren Kartierungen angefertigt. „Im Jahr 2016 haben wir im Frühsommer zu zweit an die 40 Nester unter allen Traufen, außer an der östlichen Seite der Gebäude, mit Fernglas gezählt. Zu dem Zeitpunkt waren einige Nester belegt, teilweise auch von Sperlingen, einige Nester waren nicht mehr intakt, außerdem waren viele Mehlschwalben noch mit dem Nestbau beschäftigt“, erzählt Owens und weist auf das Anlegen von Lehmpfützen für die Schwalben hin, da sie kaum noch gutes Nistmaterial (z.B. Lehm aus Pfützen) vorfänden und das Nestbaumaterial minderwertig sei. „Eine Mutter berichtete mir vor geraumer Zeit, wie sie mit ihrem kleinen Sohn, der die Albert-Schweitzer-Schule besucht, das Herabfallen eines Nestes, in dem sich Jungvögel befanden, zufällig beobachtet hätten, als sie ihn von der Schule abholte“. Die Frau sei beim Erzählen noch immer ganz entsetzt gewesen.
Owens berichtet, sie habe die Stadtverwaltung unverzüglich von den brütenden Schwalben in Kenntnis gesetzt, als es im Februar 2016 hieß, die Schule solle saniert werden. „Wegen der Lärmbelästigung ist es natürlich unvermeidbar, solche Sanierungsmaßnahmen in den Sommerferien, also während der Abwesenheit der Schüler, durchzuführen; die anderen Ferien sind zu kurz‘, erläutert Owens. Aber gerade dann sei das Brutgeschäft der Schwalben in vollem Gange. Sie habe auch zeitig mit der Unteren Naturschutzbehörde der Region Hannover Kontakt aufgenommen und man habe gemeinsam mit der Stadtverwaltung nach einer Lösung gesucht und schließlich fast alle Traufen ‚dicht‘ gemacht, sodass den Schwalben der Zugang zu ihren Nestern versperrt sei und sie dort gar nicht erst mit ihrem Brutgeschäft anfingen. Erfreulich sei, dass Ersatznisthilfen an einem Gerüst den Vögeln in unmittelbarer Nähe bereits ab Februar d.J. zur Verfügung gestellt wurden. Leider würden die Kunstnester aber noch nicht angenommen. „Das dauert meistens 1 – 2 Jahre oder mehr, ehe die Schwalben solche Nester annehmen“, weiß Owens aus ihren eigenen Erfahrungen zu berichten und ihr Mitstreiter, Wolfgang Hoppe, bestätigt ihre Aussage. Aber in diesem Falle würden die Nisthilfen dann bereits wieder weg sein. „Das Gerüst mit den Kunstnestern soll nach den Sanierungsarbeiten wieder abgebaut werden und die Nester dann unter den Traufen den Vögeln wieder zur Verfügung stehen“, sagt Owens. „Das müssen aber einige Nester mehr sein!“
An einem Gebäudetrakt wurde die Traufe allerdings nicht abgedeckt, dort befinden sich zwei Doppelnester und vier Einzelnester. „Darüber bin ich eigentlich froh, so haben einige Schwalben noch Zugang zu ihren Nestern und können ihren Nachwuchs hoffentlich noch bis zu Beginn der Sommerferien, also vor dem Start der Arbeiten großziehen. Allerdings haben Schwalben meistens noch eine Zweitbrut und oft auch eine dritte Brut. Wie es dann um sie bestellt ist, daran mag ich nicht denken“, sagt die Naturschützerin. „Jetzt jedenfalls sind die Eltern dort eifrig am Füttern.“
Ihr langjähriger Naturschutzwegbegleiter, Wolfgang Hoppe, sieht das auch so und fügt hinzu: „Wir fordern mindestens 5 Doppelnester je Traufe, also insgesamt 15 Stück. Anderorts in Barsinghausen haben bereits so viele Mehlschwalben ihre Brutstätten aufgrund von Gebäudesanierungen verloren, da sollte die Stadtverwaltung die Gelegenheit nutzen und hier einen Ausgleich für die Vögel schaffen“, schlägt der Naturschützer vor; Owens sieht das auch so.
„Was aber mit den unter dem Dach brütenden und fütternden Haussperlingen während der Dacharbeiten geschehen wird, darauf haben wir keine Antwort erhalten“, fährt Owens fort. „Wollen wir hoffen, dass man nicht nur künstliche Nester für Mehlschwalben nach den Sanierungsarbeiten vorhält, sondern auch Einflugmöglichkeiten für andere Vogelarten, die in oder an Gebäuden brüten oder für Fledermäuse, die diese als Quartier nutzen können. Da gibt es zahlreiche Möglichkeiten, man muss sich nur bei Architekten oder den Naturschutzverbänden erkundigen“, sagen Owens und Hoppe und fügen noch hinzu: „Auch an das zeitige Anlegen von Lehmpfützen in der Nachbarschaft sollte die Stadtverwaltung denken!“
Um erfolgreich Junge aufzuziehen, brauchen Rauchschwalben geeignetes Nistmaterial. Dazu gehören auch Pfützen, aus denen sie lehmiges Sediment für den Bau sammeln können. Wo es nur asphaltierte Straßen und gepflasterte Wege und Terrassen gibt, picken sie ins Leere.