Barsinghausen.
Wenn der Sohn eines schwulen Pärchens, das in St. Tropez einen Nachtclub betreibt, die Tochter eines Sittenwächters heiraten will, dann bietet das reichlich Stoff für eine unterhaltsame und kritische Komödie. Das Erfolgsmusical „La Cage aux Folles“ nach Jean Poiret ist jetzt bei der Premiere der Deister-Freilichtbühne Barsinghausen bejubelt worden.
„Zuerst bleibst du vom Essen weg und dann?“ In der Stimme des Travestiekünstlers Albin (Uli Wagner) schwingt Eifersucht mit. Seit zwanzig Jahren sind er und der Nachtclubbetreiber Georges (Oliver Höde) ein Paar, vermutlich genauso lang tritt Albin als gefeierter Star „Zaza“ im Club „ La Cage aux Folles“, dem Narrenkäfig, auf: „Ich zieh den Fummel an und dann geht’s los“.
Und genau das passiert in der mitreißenden Inszenierung von Renate Rochell: „Ratata, ratata, Ratatouille...“ Singende und tanzende Showgirls und -boys schwirren in bunten Kostümen um den alternden Star. Dazwischen erscheint immer wieder Butler Jacob, charmant gespielt von Linus Hencke, der sich als Zofe versteht und kleidet und ganz am Schluss tatsächlich den heiß ersehnten Auftritt im Nachtclub hat.
Es braucht nicht viel, um auf der Bühne am Waldrand den südfranzösischen Club „La Cage aux Folles“ mit angeschlossener Wohnung und benachbartem Gartenrestaurant zu schaffen: Drehbare Wandelemente, die entweder den roten Vorhang oder eine Promenade am Meer zeigen, ein Leuchtschild, eine Chaiselongue aus Stahlrohr, eine goldene Männerbüste, Tische und Stühle und einen Aufsteller. Alles andere erledigen die Schauspieler - und das mit Bravour, allen voran Uli Wagner als alternder Showstar und Oliver Höde als deutlich ruhigerer Lover.
In diese Szenerie hinein platzt Jean-Michel (Malte Großestrangmann), Georges Sohn, gezeugt beim einzigen Seitensprung mit einer Frau. Er will Anne (Maira Blume) heiraten, die Tochter des erzkonservativen Abgeordneten und Chefs der „Partei für Tradition, Familie und Moral“, den Harry Karasch überzeugend böse verkörpert. Vater Georges soll bei einem Treffen der Elternpaare den Diplomaten mit Ehefrau mimen und dafür sogar die leibliche Mutter nach St. Tropez holen. Als die nicht erscheint, übernimmt Albin, der eigentlich das Haus verlassen sollte, ungefragt ihren Part, auch das grandios und mit viel Gefühl gespielt von Uli Wagner. Es kommt, wie es kommen muss.
Dem Publikum gefällt´s: „Das ist so was von spitze!“, schwärmt Evelyn Werner. Sie ist extra mit Familie und Freunden aus Seelze und Hannover angereist und besucht seit 20 Jahren alle Premieren der Deister-Freilicht-Bühne. Nicht nur sie staunt auch über die sängerische Leistung der Amateurschauspieler, die Burkhard Bauche gecoacht hat. Manchmal käme der Gesang noch besser zur Geltung, wenn die Musik etwas leiser eingespielt würde. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Wenn am Ende die Feuerwerksfontänen zünden, haben die Zuschauer nicht nur viel gelacht, sondern auch die ein oder andere Träne weggewischt. „Ich bin, was ich bin, wünsche mir nur ein wenig Fairness“, heißt es in der deutschen Fassung von Gloria Gaynors Homo-Hymne „I am what I am“. Und das Publikum applaudiert kräftig. „La Cage aux Folles“, das Musical für Toleranz und Liebe, führt die Deister-Freilicht-Bühne Barsinghausen, Ludwig-Jahn-Straße 13, heute wieder um 16 Uhr auf, es gibt noch Karten an der Abendkasse. Weitere Termine und Infos finden Interessierte unter www.deister-freilicht-buehne.de.