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Studie "Hass in der Stadt" - Fast jede zweite befragte Person hat schon einmal eine vorurteilsmotivierte Tat erlebt

Hannover. Wie stark betroffen sind bestimmte Bevölkerungsgruppen von vorurteilsgeleiteten Straftaten und Diskriminierung? Dieser Frage ist die Forschungsstelle des Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen in der Studie "Hass in der Stadt" nachgegangen, deren Ergebnisse nun veröffentlicht wurden. 50.000 Einladungsschreiben hatte das LKA dafür verschickt, online um Teilnahme gebeten und 7.411 verwertbare Rückantworten erhalten. Das Resultat: 76,3 % der befragten Menschen haben mindestens eine der abgefragten Taten erlebt..

Da neben der Betroffenheit auch die Umstände der Taten, der Umgang damit und die Folgen im Fokus der Studie standen, haben sich am 08. Mai Vertreter aus der Polizeidirektion und Landeshauptstadt Hannover, der Justiz und von Opferschutzverbänden im LKA Niedersachsen zu einem nicht öffentlichen Workshop getroffen, um über diese Punkte zu diskutieren.

"Das wissenschaftliche Ziel der Studie ,Hass in der Stadt' war es, das als groß vermutete Dunkelfeld bei vorurteilsgeleiteten Straftaten und Diskriminierung zu untersuchen und dadurch aufzuhellen. Mit dem Workshop ist es zusätzlich gelungen, die Auswertung der Studie in die Praxis zu tragen und gemeinsam zu schauen, welche Entstehungszusammenhänge Hasskriminalität begünstigen und was dagegen getan werden kann", sagt Alexander Gluba, Leiter der LKA-Studie, der gemeinsam mit seinem Team zu dem Workshop eingeladen hatte.

"Die Betroffenen haben berichtet, dass jeder zweite Außenstehende sich positiv verhalten und sich für sie in verbaler, körperlicher oder in anderer Weise eingesetzt hat", sagt Alexander Gluba. Dennoch haben diese Taten direkte und indirekte Auswirkungen. Beispielsweise beurteilen Personen, die vorurteilsgeleitete Taten erlebt haben, staatliche Institutionen negativer, als die weiteren Befragten. Die Arbeit der Polizei im Nachgang derartiger Taten wird von den Betroffenen grundsätzlich leicht positiv (3,5 Punkte auf einer Skala von 1 bis 5) bewertet.

In der Studie wurde auch festgestellt, dass etwa drei Viertel der Befragten von Beleidigung / Bedrohung on- oder offline, Körperverletzung, sexueller Bedrängung, sexuellem Missbrauch oder Sachbeschädigung sowie Handlungen wie Diskriminierung, Mobbing oder abwertenden Äußerungen betroffen waren. Diese Taten und Handlungen lassen sich in vorurteilsmotivierte Betroffenheit (43,3 %) und allgemeine Betroffenheit (33,0 %), also Fälle, bei dem kein Vorurteil als Tatmotiv vermutet wurde, unterscheiden. 23,7 % hatten keine der erfragten Taten erlebt.

In Bezug auf vorurteilsgeleitete Taten wurde am häufigsten von abwertenden Äußerungen, Diskriminierungen, sexuellen Bedrängungen und Mobbing berichtet. Die Motive der vorurteilsgeleiteten Taten wurden vor allem im Geschlecht, Aussehen, der Nationalität, dem Alter oder der Kleidung von tatbetroffenen Personen vermutet. Etwa die Hälfte aller Befragten gab an, dass Familienmitglieder oder Personen aus dem Freundeskreis von vorteilsmotivierten Taten betroffen waren. In großer Mehrheit (90 %) waren Männer an der Ausführung der Taten beteiligt. Entweder haben sie allein oder in einer Gruppe gehandelt. Die Täterinnen und Täter stammten am ehesten aus Bildungseinrichtungen oder dem Arbeitsumfeld der betroffenen Person.

Die Studie "Hass in der Stadt" hat auch die Betroffenheit von Gruppen ausgewertet. So haben Menschen mit queerer Geschlechtsidentität, Personen jüdischen oder muslimischen Glaubens sowie Befragte mit finanziellen Schwierigkeiten häufiger vorurteilsmotivierte Taten erlebt. Gleichzeitig lässt sich bei ihnen ein höheres Niveau von Kriminalitätsfurcht und Vermeidungsverhalten feststellen. Darüber hinaus haben sie stärkere Unsicherheitsgefühle. Folglich setzen sie sich häufiger mit einem Umzug in eine andere Gegend auseinander.

Zur Untersuchung der Betroffenheit von bestimmten Bevölkerungsgruppen hat das LKA Niedersachsen mithilfe einer zufälligen Stichprobenziehung der Landeshauptstadt Hannover zwischen Februar und April 2022 50.000 Personen im Alter ab 16 Jahren angeschrieben und befragt. Um darüber hinaus genug Informationen über besonders stark betroffene Bereiche zu erlangen, wurden einige Gruppen gezielt für die Befragung kontaktiert. Die Studie ist nicht repräsentativ.

Mit dem Ergebnis des gemeinsamen Workshops zeigte sich Alexander Gluba zufrieden: "Die Gespräche waren konstruktiv. Wir haben dabei auch selbstkritisch reflektiert, was die Studie für einzelne Organisationen und Institutionen bedeutet und wer welchen Beitrag leisten kann. Hasskriminalität kann nicht nur polizeilich begegnet werden, es braucht hierfür viele Akteure."