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In den Corona-Statistiken werden sie als „Genesene" ausgewiesen, doch viele ehemalige Covid-19-Erkrankte leiden unter erheblichen Langzeit- beziehungsweise Spätfolgen. Welche schwerwiegenden Folgen eintreten können, darüber hat sich Ministerpräsident Stephan Weil in dieser Woche in einer ausführlichen Videokonferenz mit Betroffenen sowie mit Prof. Dr. Tobias Welte ausgetauscht.
Der Direktor der Klinik für Pneumologie der Medizinischen Hochschule Hannover hatte den Kontakt zu den Patientinnen und Patienten der Post-Covid-19-Ambulanz der MHH vermittelt. Zwei Frauen und zwei Männer im Alter von Anfang 20 bis Anfang 60 Jahren berichteten jeweils von ihrer Erkrankung im Frühjahr 2020 und den daraus resultierenden Folgen. Dabei hatten die Betroffenen bei Ausbruch der Krankheit unterschiedliche Verläufe - von sehr mild bis hin zu sehr schwer. Einer der Männer hat infolge der Erkrankung sein Gehör komplett verloren, inzwischen ist ihm ein Cochlear-Implantat eingesetzt worden. Der andere Mann schilderte, dass er nach einer langen Beatmungszeit im Krankenhaus noch heute unter massiver Atemnot leide und schon bei leichten Belastungen auf Sauerstoff angewiesen sei. Eine der Patientinnen leidet fast ununterbrochen unter starken Schmerzen, bei Spaziergängen bewege sie sich nur von Bank zu Bank. Bei einer jungen Sportstudentin traten erst Monate nach der Erkrankung massive Symptome auf. Noch immer habe sie große Probleme bei geringsten körperlichen Belastungen sowie mit dem Kurzzeitgedächtnis.
Ministerpräsident Stephan Weil ist das Gespräch, trotz der mit einer Videokonferenz verbundenen Distanz, sehr nahegegangen: „Natürlich war mir zuvor bereits bewusst, dass es schwere und lang andauernde Folgeschäden nach einer Covid-19 Erkrankung gibt. Das Ausmaß dieser Folgeerkrankungen und die schweren damit einhergehenden Belastungen für die Betroffenen haben mich dennoch sehr berührt."
Prof. Dr. Welte berichtete in dem Gespräch, dass bei schätzungsweise zwei bis drei Prozent der Covid-19-Erkrankten ein ausgeprägtes Post-Covid-Syndrom auftritt. Das seien bundesweit 25.000 bis 50.000 Betroffene. Welte ist Begründer der Post-Covid-Ambulanz der MHH, in der die Betroffenen regelmäßig über Wochen und teilweise über Monate von den Ärzten beraten und unterstützt werden. Welte wies darauf hin, dass es durchaus häufiger Patienten gebe, die nur leicht an Covid erkrankt gewesen seien, danach allerdings mit einem gewissen zeitlichen Abstand doch erhebliche Langzeitfolgen erleiden würden.
Die beiden Patientinnen schilderten allerdings, dass sie immer wieder auf Menschen träfen, die ihre Leiden nicht ernst nehmen würden. Es würde ihnen häufig mehr oder minder unverhohlen vorgeworfen, sich anzustellen und zu empfindlich zu sein. Man tue den Betroffenen damit Unrecht und mache ihnen das Leben unnötig noch schwerer, so Prof. Dr. Welte. Alle Beteiligten des Gesprächs waren sich darüber einig, dass das Thema der Langzeitfolgen von Covid-19-Erkrankten stärker als bislang in die Öffentlichkeit getragen werden muss.
Ministerpräsident Stephan Weil: „Denjenigen, die Corona mit einer harmlosen Grippe vergleichen, würde ich auch ein solches Gespräch mit Betroffenen empfehlen. Aber auch insgesamt muss das Leid von Erkrankten und von Angehörigen Verstorbener eine größere Rolle in der gesellschaftlichen Debatte spielen. Bei allen wirtschaftlichen Problemen und Existenznöten dürfen wir nicht vergessen, dass Corona vielen Menschen unwiederbringlich die Gesundheit oder sogar das Leben raubt."