Wennigsen. Die letzte Ratssitzung war in vielerlei Hinsicht eigenartig, beschreibt Hans-Jürgen Herr, FDP, seinen Eindruck und richtet sich in einem offenen Brief an seine Ratskollegen. Obwohl die Sitzung nur ein Bedarfstermin war, sei die Sitzung (über)voll an Themen gewesen. Die eher frostige bis gereizte Stimmung mache ihm Gedanken. Auch die langen Ehrungen und der Vortrag, hätten die Sitzung sehr verlängert. Der öffentliche Teil der Sitzung war erst um kurz nach 23 Uhr beendet. Besonders die Diskussion um die Abschaffung der Satzung über die Ablöse der Verpflichtung zur Schaffung notwendiger Kraftfahrzeugeinstellplätze macht dem Ratsherrn zu schaffen. Im Folgenden teilt Hans-Jürgen Herr seine Gedanken und hofft auf Besserung: .
„Was für eine merkwürdige Diskussion zur Abschaffung der Satzung über die Ablöse der Verpflichtung zur Schaffung notwendiger Kraftfahrzeugeinstellplätze (Vorlage 43/2022).
Die Grundlage der genannten Satzung hat sich bereits vor Jahren verändert, ohne dass dies in der Verwaltung sonderlich aufgefallen wäre. Durch eine Änderung der Landesgesetzgebung und nicht angepasste Ortssatzung konnten seit Jahren Anlieger willkürlich versuchen, die weiterhin geltende Forderung der Niedersächsischen Bauordnung, ausreichend Einstellplätze zu schaffen, durch eine (geringe) Geldzahlung „abzuschütteln“. Diese Möglichkeit musste durch die Abschaffung der Satzung genommen werden. Immerhin deutet die geringe Zahl der abgelösten Parkplätze nicht auf Missbrauch hin – das spricht für die Bürger! Es gab immer Einzelfälle, wo die geforderte Schaffung von Einstellplätzen einfach nicht oder nicht ausreichend möglich war. Und es wird solche Fälle auch in Zukunft geben! Ein massiver Missbrauch seitens der Bürger hätte sicherlich die Verwaltung eher aufgerüttelt! Seit der Ratssitzung vom 12.05.22 ist die Satzung abgeschafft – mit einhelligem Votum.
Die FDP-WfW-Gruppe forderte mittels Ergänzungsantrag die Erstellung und Offenlegung einer Verwaltungsrichtlinie, die für die zukünftigen Fälle einer Notwendigkeit der Ablösung ein nachvollziehbares und somit für Bürger transparentes Verfahren schafft. Es handelt sich bei solchen Anträgen um Einzelfälle, die individuell zu betrachten sind. Gerade deshalb sollte es eine Richtlinie geben, nach welchen Kriterien solche Anträge bearbeitet und beschieden werden. Der Eindruck von behördlicher Willkür kann nur entstehen, wenn Verfahren undurchsichtig sind. Die Verwaltung hatte signalisiert, dass sie so oder so eine solche Richtlinie schaffen wird. Allerdings ist es nicht üblich oder gar zwingend, solche internen Richtlinien öffentlich zu machen.
In der Ratsdebatte zu diesem Punkt wurde deutlich, dass es erheblichen Widerstand gegen eine solche Offenheit gibt. Ein Argument war: „Das richtet sich zukünftig nach dem Gesetz“. Das klingt einleuchtend, doch hilft es dem Bürger nicht weiter, da das Verfahren eben nicht (mehr) durch Gesetz geregelt ist.
Ein weiteres Argument war: „Verwaltungsentscheidungen schaffen die Grundlage für weitere Verwaltungsentscheidungen, weil solche Entscheidungen konsistent sein müssen.“ Die Schwäche dieser Aussage liegt darin, dass solche Entscheidungen ja nicht öffentlich verkündet werden, sondern individuelle Verwaltungsakte darstellen. Wer kann hiervon als potentiell Betroffener Kenntnis erlangen? Die grundsätzlich gebotene Transparenz und Nachvollziehbarkeit ist nur erreichbar, wenn die eigentlich interne Verwaltungsrichtlinie für die Bürger sichtbar wird!
Die Kolleginnen und Kollegen von der Grünen-Fraktion tragen die Forderung nach Transparenz, Mitwirkungsmöglichkeiten und offensiver Information stets als Mantra vor sich her – und stimmen in diesem Fall geschlossen gegen die Transparenz! Auch die sich gern bürgernah gebende CDU-Fraktion war hier weitgehend gegen etwas mehr Offenheit, während die SPD ein gemischtes Bild abgab. 13 Ratsmitglieder stimmten letztlich für den Vorschlag, 16 dagegen und ein Ratsmitglied konnte sich nicht entscheiden. Unbegreiflich und merkwürdig!
Bleibt nur noch zu hoffen, dass der Bürgermeister die hoffentlich demnächst erstellte Verwaltungsrichtlinie einfach veröffentlicht. Offenheit, Bürgernähe und Transparenz waren auch in seiner Wahlaussage zu finden.“
Hans-Jürgen Herr
Sprecher der Gruppe FDP-WfW