Region. Mit dem Ende des Sommers beginnt für Zugvögel die Rückreise in den Süden. Jedes Jahr verlassen nun Millionen Vögel ihre Brutgebiete in Deutschland, um den Winter in wärmeren Gefilden zu verbringen. Zu diesen Zugvögeln gehören unter anderem Weißstorch und Schwarzstorch, Kranich, Kiebitz, Feldlerche und Hausrotschwanz sowie Rauch- und Mehlschwalbe. Auch das Braunkehlchen, Vogel des Jahres 2023, macht sich jetzt auf den Weg in sein Überwinterungsgebiet in Afrika. Wie viele andere Zugvögel auch, fliegen Braunkehlchen nachts, tagsüber suchen sie nach Nahrung oder ruhen sich aus..
„Eine noch weitaus größere Zahl an Vögeln wird unser Land überqueren, hier an geeigneten Rastplätzen wie dem Wattenmeer pausieren und anschließend in Richtung Süden weiterziehen“, erklärt Gina Briehl vom NABU Niedersachsen. Ein guter Zustand dieser Rast- und Überwinterungsgebiete ist für die Zugvögel lebensnotwendig. „Wenn wichtige Rastgebiete zerstört werden oder sich Überwinterungsgebiete wegen einer Dürre oder starker menschlicher Besiedlung verschlechtern, können die Bestände der Arten abnehmen, selbst wenn die Lebensräume im Brutgebiet noch intakt sind“, erläutert die NABU-Mitarbeiterin.
Viele der losfliegenden Zugvögel kommen jedoch gar nicht erst in ihrem Winterquartier an. Denn die Reise zwischen Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet beträgt oft mehrere tausend Kilometer, auf denen die Zugvögel zahlreichen Gefahren ausgesetzt sind. So müssen sie zum einen natürliche Hindernisse wie Meere, Gebirge und Wüsten überqueren. Zum anderen treffen sie aber auch auf menschengemachte Gefahren. Für viele Großvögel endet die Reise zum Beispiel oft schon an Stromleitungen und schlecht isolierten Strommasten. In zahlreichen Ländern zählen Zugvögel zudem zu den jagdbaren Arten. Auch in Deutschland ist während der Zugzeit unter anderem die Jagd auf nordische Gänse erlaubt, was vom NABU schon lange als eine schwerwiegende Störung der rastenden Vögel kritisiert wird. Aber auch in Ländern, in denen die Vogeljagd eigentlich verboten ist, werden jährlich Millionen von Zugvögeln mit Netzen und Klebefallen an Ästen illegal gefangen und als „Delikatesse“ auf den Märkten verkauft.
Auch die Klimaveränderungen können für manche Zugvögel gefährlich werden. Dies gilt insbesondere für Spätheimkehrer wie Trauerschnäpper, Nachtigall und Kuckuck. Die Klimakrise führt für sie zu einer deutlich schlechteren Ernährungslage. Denn mit den veränderten klimatischen Bedingungen entwickeln sich Insekten früher als sonst, was dazu führt, dass die späten Zugvögel Probleme haben, ihre Brut zu ernähren. Zudem besteht für sie eine größere Konkurrenz was die Brutreviere angeht, da diese bei ihrer Rückkehr häufig schon besetzt sind. Auch Mehl- und Rauchschwalben machen sich nun auf den Weg gen Süden zum Überwintern. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel hat sich das Zugverhalten der Schwalben jedoch verändert. Die Rückkehr aus dem Süden erfolgt mittlerweile bereits ab Anfang März, weshalb viele Schwalben bereits vor Anfang September wieder Richtung Afrika fliegen.
Schon seit Längerem ist bekannt, dass die Schwalbenbestände stark abgenommen haben. Waren beide Arten jahrhundertelang Mitbewohner in unseren Dörfern und Städten, sind sie mittlerweile nur noch selten und meist nur noch in ländlicheren Regionen anzutreffen. In Niedersachsen sind Mehl- und Rauchschwalbe laut Roter Liste gefährdet. Ein Grund dafür ist der Rückgang von Insekten als Nahrung infolge von intensiver Landwirtschaft und fehlenden Brachen und Wegrändern. Der enorme Flächenverbrauch für immer mehr Bau- und Verkehrsflächen verstärkt dieses Problem. Darüber hinaus fehlt es den Schwalben zunehmend an Nistplätzen und Nistmaterial. Daher ist es sinnvoll, sie nach ihrer Rückkehr aus dem Süden mit Nisthilfen, feucht gehaltenen Lehmpfützen und insektenreichen Gärten zu unterstützen.
Um Schwalben zu schützen, hat der NABU schon vor Jahren die Aktion „Schwalben willkommen“ ins Leben gerufen. Menschen, die sich für Schwalben engagieren, sie an ihrem Haus dulden oder Nisthilfen für sie anbringen, können sich im Rahmen dieser Aktion für eine Auszeichnung mit einer Plakette sowie einer Urkunde bewerben, ganz gleich, ob es sich bei dem Gebäude um ein Wohnhaus, Hotel, Bauernhaus oder Fabrikgelände handelt.
Wer den Schwalben in Niedersachsen ebenfalls Unterschlupf gewährt und Interesse an einer entsprechenden Auszeichnung hat, kann sich beim NABU Niedersachsen sowohl per E-Mail als auch per Post für die beliebte Plakette bewerben. Der hierfür auszufüllende Antrag kann im Internet heruntergeladen werden. Alternativ kann der Antrag auch per E-Mail unter info@NABU-niedersachsen.de oder postalisch beim NABU Niedersachsen, Alleestraße 36, 30167 Hannover, angefordert werden.
Zum Höhepunkt des Vogelzuges über Deutschland ruft der NABU jedes Jahr zur Vogelbeobachtung auf: Im Rahmen des EuroBirdwatch bieten NABU und sein bayrischer Partner LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) am ersten vollen Oktober-Wochenende zahlreiche fachkundig geleitete Exkursionen an. Der Birdwatch ist eine gemeinsame Aktion der Partner im Netzwerk BirdLife International und findet am Wochenende vom 30. September bis 1. Oktober ereits zum 30. Mal statt.
Vom 14. Oktober bis 22. Oktober finden zudem die 15. Zugvogeltage an der niedersächsischen Nordseeküste und auf den Ostfriesischen Inseln statt. Mit über 250 Veranstaltungen sind die Zugvogeltage eine hervorragende Gelegenheit, den Vogelzug zu erleben und sich mit den besonderen Leistungen und Anpassungen der Zugvögel zu beschäftigen.