Wennigsen.
Wie lange dauert es, bis sich eine Plastikflasche im Meer zersetzt?“ Das war nur eine Frage, die die 30 Interessierten in einem Quiz beantworten sollten. Die Antwort 450 Jahre machte dann die Brisanz des abendlichen Themas „Meeresschutz statt Plastikschmutz“ deutlich. Die Wennigser Europaabgeordnete der FDP und Sondergesandte für Meerespolitik des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Gesine Meißner, referierte über die Situation in Europa sowie die politischen Aktivitäten des europäischen Parlaments, die Plastikproblematik in den Griff zu bekommen. Imke Biel berichtete als Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion für Umwelt und Klimaschutz über die Situation an den niedersächsischen Küsten und der Nordsee. Anschaulich informierte Gesine Meißner über die Auswirkungen des Plastikkonsums auf die Weltmeere: „Allein Verpackungen nehmen 42 Prozent des produzierten Plastiks ein.“ So nannte sie den Straßenabrieb der Autoreifen, Mikroplastik in Kosmetika, Zigarettenfilter, Wattestäbchen und To-Go-Becher als Beispiele, die einen immensen Anteil am Plastikmüll ausmachen. Bilder von riesigen Plastikstrudeln, mehr als viermal so groß wie Deutschland, haben in den letzten Monaten auf erschreckende Weise an die Auswirkungen auf unsere Umwelt erinnert. Die Europaabgeordnete mahnte, das sei lediglich ein Teil der Problematik, der größere läge als Mikroplastik auf dem Meeresboden und gelange über die Nahrungskette inzwischen auch zu uns. Sie schlug einen inhaltlichen Bogen von der Produktion des Plastiks über die Problematik der Entsorgung sowie Wiederverwertung bis zu wirtschaftlichen Auswirkungen. Europäische Konsequenzen finden sich in Gesetzen zur Entsorgung von Schiffsmüll, die sie federführend verhandelt hat, über Fördermaßnahmen zur Kreislaufwirtschaft bis zu dem wichtigen Gebiet der Meeresforschung. Mit leidenschaftlichem Engagement kämpft sie für die „Mission plastikfreier Ozean“. Als ein Beispiel nannte Meißner Forschungen zur Produktion von Autoreifen aus Löwenzahn.
Die Grüne Landtagsabgeordnete Imke Biel referierte aus einer Anfrage der Grünen an die Landesregierung zum Zustand der Nordsee und kritisierte die wenig befriedigenden Antworten der Landesregierung. Besonders die Nordseeinseln haben unter der Plastikflut zu leiden. Die Bedeutung politischer Aktivitäten auf europäischer Ebene und deren Umsetzung hob sie positiv hervor, da nur eine gemeinsame Vorgehensweise den Zustand der Meere ändern könne. „Neben der Umweltbelastung der Meere durch absinkendes Mikroplastik haben wir eine ähnliche Problematik bei unseren Böden. Auch hier findet sich Mikroplastik, das beispielsweise durch Reifenabrieb auf Straßen auf die Felder und so in die Nahrungskette gelangt,“ ergänzte Biel. Als Beispiele für grüne Vorschläge nannte die Landtagsabgeordnete die Förderung von Mehrwegsystemen, so bei Großveranstaltungen, die Einführung von Plastik-Wertstofftonnen sowie den Meeresmüll-Fond für Küstenregionen End-of-Pipe. Abschließend wies sie auf die Bedeutung der Europa-Wahlen hin, der Abend habe nochmals sehr deutlich gezeigt, wie bedeutsam eine gemeinsame Vorgehensstrategie sei.
Die von der Grünen Fraktionsvorsitzenden Gun Wittrien geleitete anschließende Diskussion zeigte auch die Notwendigkeit einer neuerlichen Wertediskussion in der Bevölkerung. Neben dem Einfluss, den Konsumenten durch ihr Einkaufsverhalten nehmen können, wurden aber auch deutliche Forderungen an diesem Abend gestellt, so nach gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Plastikproduktion. Kommunale politische Gremien sollten zusätzlich ihren Einfluss geltend machen, ermutigten politische Vertreter umliegender Gemeinden, die zu diesem aktuellen Thema nach Wennigsen gekommen waren. „Der Abend hat deutlich gemacht, dass die Brisanz des Themas „Meeresschutz statt Plastikschmutz“ in der Bevölkerung angekommen ist und neben dem Umdenken im Einkaufsverhalten gesetzliche Regelungen lieber heute als morgen beschlossen werden müssen,“ resümierte Fraktionssprecherin Gun Wittrien. Es wird von den Grünen in Wennigsen eine weitere Veranstaltung geben hinsichtlich der Fragestellung nach kommunalen Umsetzungsmöglichkeiten in Wennigsen.