Bredenbeck. Der Dorfgemeinschaftsverein Bredenbeck hat die Bürgermeisterkandidaten zu einer Diskussionsrunde ins Dorfgemeinschaftshaus (DGH) eingeladen. Etwa 115 interessierte Bürger kamen zu der Veranstaltung, die von Rainer Hahne, Vorstand Dorfgemeinschaftsverein Bredenbeck, moderiert wurde. Im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion standen die Themen Wirtschaft, Jugend und Klimaschutz..
Zu Beginn der Veranstaltung dankte Rainer Hahne dem amtierenden Bürgermeister Christoph Meineke, der das DGH stets unterstützt habe. Dann fragte Hahne ab, ob überhaupt noch Anwesende wählen dürften, oder ob schon alle an der Briefwahl teilgenommen hätten. Ein Großteil der Anwesenden darf noch wählen und Hahne startete mit einer kurzen Vorstellungsrunde der Kandidaten Jost Henkel (FDP), Ingo Klokemann (SPD), Peter Armbrust (CDU), Ulrike Schubert (parteilos) und Gun Wittrien (Grüne), die einmal sagen sollten, welche Qualifikation ihrer Meinung nach wichtig für das Bürgermeisteramt sei.
Ulrike Schubert sah Entscheidungsfreude als wichtig an, um Projekte zu beenden und nicht jahrelang hinauszuzögern. Peter Armbrust sieht kooperative Führungsstärke als wichtig, um Projekte im Team umzusetzen. Für Ingo Klokemann ist Leidenschaft wichtig, um sich der vielen Probleme in Wennigsen anzunehmen. Ehrlichkeit ist für Jost Henkel wichtig, denn das Rathaus soll den Menschen helfen, dafür sei Transparenz wichtig. Ansprechbar sein, dass ist für Gun Wittrien wichtig, damit die Verwaltung für die Bürger da sein kann.
Rund 200 Angestellte hat die Wennigser Gemeindeverwaltung. Hahne wollte von den Bürgermeisterkandidaten wissen, was in der Veraltung verändert werden muss, um die Erreichbarkeit zu verbessern und die Mitarbeiterfluktuation zu verhindern.
Mit dem Abgang von Mitarbeitern würde auch langjähriges Wissen verschwinden, bedauerte Armbrust. Der Arbeitsmarkt sei hart umkämpft, hier müsste Wennigsen schon die Auszubildenden binden und Mitarbeiter als Erfolgserlebnis Projekte beenden lassen. Klokemann würde Stellen generell früher ausschreiben, wenn sich abzeichne, dass eine Stelle frei würde. Außerdem müssten den Mitarbeitern Perspektiven gegeben werden. Für Henkel ist wichtig, dass jemand von außen neu in das Rathaus komme, der herausfinden kann, warum das Arbeitsklima in der Verwaltung möglicherweise nicht gut ist, um so Fluktuationen zu verhindern. Gun Wittrin möchte die Erreichbarkeit durch mehr digitale Angebote verbessern, außerdem sollen regelmäßige Bürgermeistersprechstunden für mehr Gespräche mit den Bürgern sorgen. Ulrike Schubert arbeitet als Fachbereichsleiterin im Rathaus und wollte einige Punkte geraderücken. Aktuell hätte die Verwaltung sechs Auszubildende, diese binden Mitarbeiter, somit könne eine kleine Verwaltung nicht unbegrenzt Azubis einstellen. Außerdem sei die Verwaltung bereits dabei, bei z.B. Kita-Mitarbeitern, zusätzliche Fortbildungen anzubieten, um Personal zu halten oder neues zu bekommen. Eine frühzeitige Ausschreibung werde schon vollzogen. „Nur weil ein Arbeitsplatz attraktiv ist, heißt das ja nicht, dass die Menschen ihren Job nicht trotzdem wechseln“, so Schubert. Heutzutage würden die Menschen nun einmal schneller ihre Jobs wechseln als früher. Die Online-Terminvergabe, die zu Corona eingeführt wurde, würde bereits sehr gut angenommen, so Schubert. Außerdem werde es bald eine Telefonzentrale für Behörden geben, die von der Landeshauptstadt aus gesteuert werde.
Hahne wechselte das Thema und wollte wissen, ob die Kandidaten auch die Ortsteile im Blick haben und wie hier eine Zusammenarbeit aussehen könnte.
Für Klokemann ist das DGH ein positives Beispiel dafür, was möglich sei, wenn zusammengearbeitet werde. Auch weitere Baugebiete seien in den Ortsteilen nötig. Henkel möchte als Gemeindebürgermeister den Charakter der Ortsteile erhalten, aber für alle Bürger da sein. Dies könne am besten durch die Zusammenarbeit mit Ortsbürgermeistern und Ortsräten gelingen. „Es ist schade, dass unser Gemeindefest abgesagt wurde, dies hätte dem Zusammenhalt gutgetan“, bedauerte Wittrien. Damit sich niemand abgehängt fühle, möchte sie die Mobilität zwischen den Ortsteilen verbessern. Auch Schubert äußerte sich als Fan von Ortsräten und Ortsbürgermeistern. „Oft beobachte ich, dass die Beteiligung an den Ortsräten höher ist als in den Ratssitzungen“, so Schubert. Niemand müsse sich abgehängt fühlen, da die Ortsräte die Themen in die Sitzungen bringen. Gegen das Gefühl abgehängt zu sein, helfe laut Schubert nur mehr Kommunikation. „Der Hochwasserschutz in Bredenbeck wäre ohne Ortsrat nicht so weit wie jetzt“, äußerte sich auch Armbrust positiv zu den Ortsräten und Ortsbürgermeistern, „Ortsräte sind ein Schatz, den wir uns erhalten sollten.“
Das Thema Baugebiete stand als nächstes auf Hahnes Fragenkatalog. Er brachte auch noch einmal die Thematik Flächenversiegelungen ins Spiel und, dass viele ältere Menschen alleine in großen Häusern wohnten, während Familien keinen Wohnraum fänden.
„Wir wollen alle, dass Wennigsen weiterwächst“, so Henkel, „Aber wir sind von vielen Seiten von Naturschutzgebieten umgeben.“ Er mahnte auch, dass Folgekosten im Blick gehalten werden müssten, wenn Flächen ausgeschrieben werden. Immerhin müssten Kitas, Schulen und Feuerwehren ebenfalls wachsen, wenn es mehr Bürger gäbe. Wittrien sieht ein Problem darin, dass ältere Menschen hier ihre Wurzeln haben und hierbleiben möchten, aber oft keine bezahlbare kleine Wohnung finden würden. Sie sprach sich für Mehrgenerationenhäuser und Innenraumentwicklung aus, um Wohnraum zu schaffen. Auch Schubert möchte verschiedene Optionen schaffen, um Wohnraum zu schaffen, sieht aber ebenfalls die Folgekosten als großes Problem: „Nicht jeder, der in Wennigsen bauen möchte, wird dies in naher Zukunft auch machen können.“ Es sei auch legitim, dass alte Menschen allein in ihren großen Häusern wohnen bleiben, für welches sie ein Leben lang gearbeitet haben. Eine Mischung von Wohnraum sei wichtig: „Der letzte soziale Wohnungsbau in Wennigsen ist 25 Jahre her“, so Schubert. Peter Armbrust brachte auch Ökostandards in die Diskussion ein. Immerhin müsste der Wohnraum am Ende auch bezahlbar sein. Damit die Folgekosten kontrollierbar bleiben, möchte er die möglichen Bauflächen erst nach und nach erschließen. Und den Charakter von Wennigsen erhalten. Auch SPD- Kandidat Klokemann möchte, dass Wennigsen moderat wächst. Auch für ihn ist der Erhalt des Gemeinde-Charakters wichtig, genau wie die Schaffung von barrierefreien Wohnungen und geringer Flächenversiegelung.
Eine Zuschauerin wollte bei dem Thema wissen, ob in Zukunft möglicherweise mehr Druck auf die Klosterkammer ausgeübt werden kann, welche Grundstücke sie veräußere. Als negatives Beispiel nannte die Zuschauerin die Erschließung des Klostergrunds.
Grünen-Kandidatin Wittrien sieht hier aktuell wenig Möglichkeiten, solange nicht an der Spitze der Kammer andere Leute stehen. Es könne nur weiter das Gespräch geführt werden. Der Verkauf des Klostergrunds hätte für die Klosterkammer anscheinend rein wirtschaftliche Gründe gehabt, so Schubert, da die Kammer alleine die Erschließung wohl nicht hätte umsetzen können. Für Armbrust erschließt sich ebenfalls nicht immer, warum die Klosterkammer Land verkaufe und manchmal eben nicht. Hier stehe wohl der Erhalt des Stiftungsvermögens im Vordergrund. Klokemann konnte ebenfalls nicht aufklären, warum die Klosterkammer das Land am Klostergrund verkauft hat. Hier könnte die Gemeinde generell nur am Thema dranbleiben. Für Henkel ist Besitz auch immer eine Frage des Preises. Ob die Gemeinde da immer die Preise aufbringen könne, die die Klosterkammer haben möchte, sei aber zu bezweifeln. Als Bürgermeister könne man am Ende auch nur die verschiedenen Partner an einen Tisch holen und vermitteln.
Was die Kandidaten für die Jugend tun möchten, wollte Hahne wissen und hatte dafür Jakob Grimm vom Jugendparlament (Jupa) eingeladen, der einige Fragen formulierte. Unter anderem wollte Grimm wissen, wie es mit der Skateanlage und Treffpunkten für die Jugend weitergehe.
Für Ulrike Schubert sind Toleranz und Akzeptanz bei Jugendtreffplätzen wichtig, ansonsten würde es viele Konflikte zwischen Jungen und Alten geben. Andererseits sei es schwer, der Jugend feste Plätze vorzuschreiben, jede Generation findet immer auch ihre eigenen Orte, hier sei Kommunikation sehr wichtig. Das die Skateanlage abgerissen werde glaubt Schubert nicht, einladend sei sie aktuell aber auch nicht und es müsste noch ein Unterstand gebaut werden. Armbrust möchte hier auch wieder die Ortsteile einbinden, damit auch dort Orte für die Jugend entstehen. Damit die Skateanlage zum Treffpunkt tauge, bedarf es aber noch mehr Anlagen drumherum, außerdem könnte es einen Jugendtreffpunkt ganz ohne Kontrolle nicht geben. Für Armbrust ist noch nicht sicher, dass die Skateanlage nicht doch abgerissen werden müsse. Sie soll dann aber wieder aufgebaut werden. Auch Klokemann fordert, dass, wenn die Anlage abgerissen werden muss, ein Neubau kommen muss: „Immerhin kämpft das Jupa seit fast 20 Jahren für diese Skateanlage. Ich bin stolz auf unser Jupa. Das wird auch in Zukunft Ansprechpartner bleiben.“ Es seien in den letzten Jahren und unter Corona viele Innenräume für Jugendliche weggefallen, bedauert FDP-Kandidat Henkel. „Ich bitte das Jupa hier um viele Vorschläge für weitere Plätze.“ Für die Skateanlage kann sich Henkel einen Jugendträgerverein vorstellen, der sich selbst um die Betreuung der Anlage und auch um ein Toilettenhäuschen, welches noch fehle, eigenverantwortlich kümmere. Wenn dies gut laufe, könne er sich ähnliche Projekte in den Ortsteilen vorstellen. „Das Jupa wird von allen Ratsmitgliedern geschätzt“, lobte auch Wittrien. Auch sie möchte das Jupa in Zukunft an weiteren Themen beteiligen, auch in den Ortsteilen.
Der Haushalt in Wennigsen sei marode, berief sich Moderator Hahne auf diverse Pressemeldungen und wollte wissen, was die Kandidaten in Zukunft an der Finanzlage der Gemeinde verbessern wollen.
Peter Armbrust erläuterte, dass zu viele Mittel im Haushalt eingestellt würden, die dann im Verlaufe des Haushaltsjahres nicht abgerufen würden. Hier möchte er als Bürgermeister in der Mitte des Jahres besprechen, wie die Situation aussehe. Ein weiteres Problem seien aber die Projekte, die noch anstehen, denn hier habe sich Wennigsen in der Vergangenheit regelrecht kaputtgespart, beispielsweise bei Schulsanierungen. Er ist für weitere Gewerbeansiedlungen, in moderatem Rahmen. Klokemann möchte einen genauen Blick auf Einnahmen und Ausgaben werfen. Darüber hinaus sei es wichtig, Gewerbe in allen Ortsteilen und auch ortsnah anzusiedeln. Schulen, Kitas und Feuerwehren müssten gemacht werden, sparen könnte die Gemeinde durch Investitionen in den Klimaschutz, sprich Solarenergie. Für Henkel ist eine hohe Disziplin bei allen Beteiligten wichtig, da nicht unendlich Geld vorhanden sei. Wennigsen könne sich keine Einsparungen bei Investitionen mehr leisten. Einnahmen möchte er durch Ansiedlung und das Halten von Gewerbe generieren. Was sich dann auch auf Arbeitsplätze vor Ort auswirken soll. Gun Wittrien würde sich wünschen, wenn das Wennigser Gewerbe noch stärker miteinander kooperiere. Gerade unter Corona hätten sich die Nachteile langer Lieferketten gezeigt. Kleine Geschäfte sollten erhalten bleiben. Auch ein Label „Made in Wennigsen“ würde sie gerne sehen, um die Gemeinde als Standort attraktiv zu machen. „Die Gemeinde muss selber wieder Vermögen schaffen“, ist sich die parteilose Ulrike Schubert sicher. Zum Beispiel eine eigene Kita auf eigenem Grund. Nicht immer nur für andere Träger bauen. Wennigsen habe kaum noch eigenes Land, vieles was verkauft wurde, hätte die Gemeinde lieber behalten und selbst erschließen sollen.
Auch die Diskussionsrunde in Bredenbeck kam nicht um das Thema Klimaschutz herum.
Für Ingo Klokemann steht hier die Zusammenarbeit mit dem Wennigser Klimaschutzmanager ganz vorne. Hier könnte noch vieles umgesetzt werden. Klokemann sieht Solaranlagen als wichtig an, diese gehörten auf jeden Neubau. Henkel sieht hier auch das Finanzproblem der Gemeinde. Er möchte für die Kinder keine alten Schulen mit Solarenergie auf dem Dach, sondern lieber neue Schulen mit guten Lernmöglichkeiten für die Kinder. „Ich bin für Klimaschutz, aber die Gemeinde wird sich wohl nicht immer beides leisten können.“ Die Grünen-Kandidatin Wittrien bedauert, dass in der Gemeinde in den letzten zehn Jahren kaum Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt wurden. Sie möchte hier mehr Mittel in den Haushalt einplanen. Die Gemeinde könne laut Wittrien viel Geld sparen, wenn auf alternative Energien gesetzt würde. „Es ist bereits 5 nach 12, der Klimawandel wird auch Wennigsen nicht verschonen“, so die Grüne Bürgermeisterkandidatin. Auch laut Schubert leistet der Klimaschutzmanager gute Arbeit in der Gemeinde. Diese vielen Ideen müssten kontinuierlich umgesetzt werden. Aber das, was in den letzten Jahren versäumt wurde, kann nicht in ein bis zwei Jahren aufgeholt werden. „Ich bin bei Photovoltaik voll dabei“, so Armbrust. Je nach Haushaltslage sollte die Gemeinde PV-Anlagen auf die Dächer bringen. Er wäre auch bereit dazu, dass die Gemeinde eine eigene Firma gründe, um neue Ideen umzusetzen, wie zum Beispiel zentrale Wärmeversorgungskonzepte.
Als letzte Frage brachte Rainer Hahne noch den öffentlichen Personennahverkehr auf die Gesprächsliste und wollte wissen, wie dieser noch verbessert werden kann.
Jost Henkel möchte hier stärker mit Regiobus in Kontakt kommen, um gemeinsam Linien besser auszubauen. Auch der Sprinti wäre für die Gemeinde Wennigsen eine Lösung. Gun Wittrien sieht auch Mitfahrbänke positiv, oder Carsharing-Angebote, damit Menschen sowohl in der Kernstadt, oder den Ortsteilen, mobil sind, auch ohne eigenen PKW. Der Sprinti sei leider aktuell noch in der Modellphase. Schubert betonte, dass die Gemeinde beim Bus abhängig von Regiobus sei. Alle Ideen aus Wennigsen wurden in der Regionsversammlung abgeschmettert. Diese Abhängigkeit findet Peter Armbrust nicht gut und er würde einen Bürger-Bus, der durch Ehrenamtliche gefahren würde, positiv sehen. Hier entgegnete Ulrike Schubert, dass nicht alles auf das Ehrenamt abgewälzt werden könne. Viele Vereine beklagten den Rückgang von ehrenamtlichen Helfern. Ingo Klokemann findet das Einbinden von Ehrenamtlichen gut, allerdings sei der ÖPNV eine öffentliche Aufgabe. Sprinti könnte eine Lösung sein, es müsste immer auch auf den Bedarf vor Ort geschaut werden.
Abschließen rief Rainer Hahne noch dazu auf, dass alle Bürger wählen gehen sollten, dies sei ein hohes Gut unserer Gesellschaft, welches nicht in allen Ländern vorhanden sei.