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Leserbrief: Lichtergottesdienst oder Andacht – was heißt hier „unglücklich“?

Wennigsen/Gehrden/Ronnenberg. Die Diskussion über Lichtergottesdienste in Wennigsen schwappt nun über die Gemeindegrenzen. Christian H. Windhorst, Kantor in Ronnenberg und Gehrden schaltet sich in die Diskussion um Lichtergottesdienste ein. .

"´Freunde der Kirchen im Calenberger Land` hatten zu einem „Lichtergottesdienst“ eingeladen. Die „Freunde“ wandten sich mit diesem Angebot ausdrücklich gegen die Entscheidungen der Kirchengemeinden zur Durchführung von Gottesdiensten. Im Nachhinein hält man nun die Begriffswahl für „unglücklich“ und wünscht sich, man hätte die Veranstaltung „Andacht“ genannt, „um Unsicherheiten zu vermeiden“.

Vielleicht ist es in dieser Verwirrung einmal nötig, einzuhaken: Was wäre denn am Begriff der Andacht weniger unglücklich bzw. was unterscheidet Gottesdienst und Andacht? In den letzten Jahren hat sich der Begriff der „Andacht“ gewandelt und geweitet. Zum Befund: Zwei Frauen prägen das biblische Urbild der Andacht: Erstens Maria, die Mutter Jesu: „Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.“ (Lukas 2,19) Zweitens eine andere Frau mit Namen Maria, die sich (Lukas 10,38), während ihre Schwester Marta das Mahl herrichtet und „viel Sorge und Mühe“ hat, Jesu zu Füßen setzt und ihm zuhört.

Ganz wörtlich wird mit diesen Beispielen deutlich, dass eine Andacht ein Andenken ist, ein An etwas denken, es sich zu Herzen gehen lassen. Und zwar geht es dabei in beiden Fällen um nichts anderes als Gottes Wort, das auf Gottes Heilsplan für die Menschen hinweist.

Es gibt heute vielerlei Formen der Andacht. Passionsandachten, Hausandachten, das Tischgebet. Die Andacht, die daraus besteht, dass Familien die Tageslosung lesen oder auch das kurze gemeinsame Innehalten vor Sitzungen – jedenfalls im kirchlichen Bereich ist das noch weitgehend üblich. Hier besteht die Andacht aus nicht mehr als einem freien Text, der in irgendeiner Weise die Versammelten, die aus dem Alltag gekommen sind, nun auch geistlich miteinander versammelt. Es hat sich aber durch diese vielen freien Möglichkeiten der Andachtsform auch ergeben, dass wir Menschen viele sich bietende Gelegenheiten der Stille, der Meditation, des gemeinsamen an-etwas-Denkens als Andacht begreifen. Und wenn nun zu lesen ist, mit dem Begriff der Andacht hätten „Unsicherheiten“ vermieden können, so ist dazu zu sagen, dass es sich um ein Paradoxon handelt, denn es ist offensichtlich ganz und gar nicht sicher, was eine Andacht ist und was nicht.

Eine Andacht ist immer auch ein Gottesdienst. Und im Gottesdienst soll nun einmal nichts anderes geschehen, als dass Gottes Wort zu uns spricht und wir – die Gemeinde – darauf hören und darauf antworten. Diese Definition Martin Luthers steht heute immer noch im Evangelischen Gottesdienstbuch obenan und sie erinnert uns daran, dass Gottesdienst und Andacht beides sind: Gott dient uns in Wort und Tat – und wir dienen Gott. Dazu gehören die Verkündigung seines Wortes, die Feier des Heiligen Abendmahls und dazu gehört das Lob Gottes, dem auch die Klage vor Gott angeschlossen ist. Gottesdienst und Andacht sind – beide – kein rezeptpflichtiges Therapeutikum. Sie sind aber sogar überhaupt nicht primär ein Therapeutikum. Seelsorge geschieht nicht unmittelbar in der Andacht oder im Gottesdienst, auch wenn ein guter Gottesdienst mit Musik und Wort seelsorglich sein kann und soll. Die Menschen dienen im Gottesdienst und in der Andacht nicht sich selbst und den Umsitzenden – sie dienen Gott, weil er uns dient.

Insofern ist der Begriff der Andacht oder des Gottesdienstes gleichermaßen glücklich, wenn darin Verkündigung, Gotteslob und Erbauung der Menschen geschieht. Wer so feiert, zu keinem anderen Zweck, feiert Gottesdienst. Wer aber der Meinung ist, der Zweck heilige die Mittel, der rühmt sich selbst und nicht Gott (Jesaja 9,22f – Schriftlesung vom gestrigen Sonntag Septuagesimae). Solches Tun ist unglücklich – wie immer man es auch nennt.“

Christian Windhorst

(Kreiskantor des Kirchenkreises Ronnenberg und Vorsitzender des Ausschusses für Gottesdienst und Kirchenmusik der Kreissynode, Vorsitzender der Liturgischen Konferenz Niedersachsens e.V.)

 

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