Wennigsen.
Es folgt ein Kommentar von Caren Beckers zur "doppelten Gedenkveranstaltung" in Wennigsen. Kommentare auf CON geben nicht die Meinung der Redaktion oder der Agentur sondern ausschließlich die der jeweiligen Autorin bzw. des jeweiligen Autors wieder.
Wer Samstagabend, also am 9. November, einmal um 18 Uhr und dann wieder um 19 Uhr 30 den Gedenkstein für die Opfer von Faschismus und Krieg in Wennigsen passiert hat, hat sich vermutlich gewundert. Denn er oder sie erlebte zweimal eine ähnlich Zeremonie: erst eine Ansammlung von Menschen, dann Worte der Erinnerung und Mahnung und schließlich eine Kranzniederlegung. Aber warum gleich zweimal am selben Ort anlässlich desselben geschichtlichen Ereignisses?
Der Veranstaltungskalender der Gemeinde Wennigsen hilft nicht weiter. Dort findet sich nur die neue kommunale Gedenkveranstaltung, die der Rat der Gemeinde auf seiner letzten Sitzung beschlossen hat. Vorausgegangen waren dem zwei ambitionierte Anträge der SPD und FDP.
Die Gedenkveranstaltung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN/ Bda) existiert bereits seit 13 Jahren. Diese waren es auch - zusammen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund - die dafür gesorgt haben, dass es den Gedenkstein vor dem Gemeindehaus der Marien-Petri-Kirchengemeinde überhaupt gibt. Gespräche einer möglichen Zusammenarbeit beim diesjährigen Gedenken anlässlich der Reichspogromnacht wurden initiiert, aber nicht zuende geführt. Wäre es nicht wünschenswert gewesen, dass auf beiden Seiten jemand nachhakt, um gemeinsam ein noch deutlicheres Zeichen gegen Ausgrenzung und Hass zu setzen?
Das wiederum setzt auch voraus, dass VVN/ BdA über ihren beziehungsweise seinen Schatten springen: Dass sie eben nicht aussteigen, wenn die Verwaltung der Gemeinde Wennigsen alle Parteien aus dem Rat zur kommunalen Gedenkveranstaltung einlädt. Wie sollte sie die AfD ausschließen, die auch bei der Entscheidung für diese und weitere Gedenkveranstaltungen gefragt war und ist? Da spielt es auch keine Rolle, dass der Bundesvorsitzende der Partei die Zeit der Nazidiktatur als "Vogelschiss der Geschichte" bezeichnet hat. Es gehört nun mal zu den demokratischen Spielregeln, dass die gewählten Ratsmitglieder gleichbehandelt werden und die Auseinandersetzung im Diskurs auf politischer Ebene stattfindet.
"Die Entscheidung der Verwaltung, statt der Vertreter der Opfer die Vertreter der Täter einzuladen, macht es uns unmöglich, an der ersten offiziellen Wennigser Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht teilzunehmen." Diese Aussage als Teil eines längeren Statements von VVN/ Bda, so auch vorgetragen auf der Gedenkveranstaltung um 18 Uhr, zeigt aber noch mehr: Dass sich die Initiatoren des Gedenkens der Reichspogromnacht in Wennigsen nicht willkommen fühlten. Und daran sollte sich für die Zukunft auch etwas ändern und zwar möglichst schnell: Denn das nächste Gedenken steht schon fast vor der Tür, es ist der 27. Januar, der bundesweite Holocaust-Gedenktag, Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Es ist den Wennigsern zu wünschen, dass es dann einen gemeinsamen Gedenktag aller demokratischen Kräfte gibt.
Ein Kommentar von Caren Beckers.