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Für den Klimaschutz "erstürmen" die Wennigser die Pinkenburg

Reinhard Wiens (SPD) hatte die Idee zur Veranstaltung und begrüßt die zahlreichen Zuhörer im Großen Saal des Hotel/Restaurants Pinkenburg in Wennigsen.

Wennigsen.

Da haben selbst die Wennigser Sozialdemokraten als Veranstalter der Podiumsdiskussion: "Hat die Umwelt eine Zukunft?" gestaunt: Rund 160 Zuhörer haben sich Mittwochabend in den Großen Saal der Pinkenburg gedrängt, um die Einschätzungen der Experten zur Klimakrise zu hören und Fragen zu stellen. Letztere kamen zwar am Ende ein wenig zu kurz, aber so richtig störte das keinen.

Obwohl die Menschheit eigentlich seit 1896 weiß, dass der Ausstoß von CO2 zur Erderwärmung beiträgt, habe das notwendige Umdenken immer noch nicht stattgefunden, meint Klimaforscher Gunther Seckmeyer von der Leibniz Universität Hannover.  "Und wir müssen auch noch Methan und Lachgas reduzieren". Die Dramatik der Klimakrise wird besonders deutlich, als Seckmeyer über die  "Kippelemente im Erdsystem" spricht: Wenn der Permafrost taut, wird Methan frei und die Erde erwärmt sich noch schneller. Ähnliche Folgen haben brennende boreale Wälder (Fichte, Kiefer, Tanne Lärche) oder ein zu trockener Regenwald. Seckmeyers Forderung: Zu 100 Prozent auf regenerative Energien umstellen und dafür alle bestehenden Hemmnisse abbauen. "Beim Klimaschutz fahren wir in Deutschland mit angezogener Handbremse", sagt der Wissenschaftler mit Blick auf das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung. Es reiche nicht aus, um die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen.

Für den SPD Umweltexperten Matthias Miersch ist genau dieses Gesetz "das erste seiner Art und wir Sozialdemokraten haben seit 2009 dafür gekämpft", ein "erster wichtiger Schritt". Außerdem sei der Kohleausstieg gesetzlich geregelt - bei gleichzeitigem Aussstieg aus der Atomenergie - und:  "Wir haben die Voraussetzungen, um auf erneuerbare Energien umzusteigen". Für den Bundespolitiker geht es laut eigenen Angaben aber gleichermaßen auch darum, den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht aufs Spiel zusetzen, das zeigen zum Beispiel auch die Widerstände gegen Windkraftvorrangebiete in der Feldmark bei Degersen.  

Ralf Schickhaus, Betriebsleiter der Knigge’schen Forstverwaltung in Bredenbeck, berichtet über die massiven Borkenkäferschäden im Fichtenbestand, der vor hundert Jahren aufgeforstet wurde. "Vor 40 Jahren haben wir damit begonnen, den Wald in Mischwald umzubauen. Ich ärgere mich heute, dass wir da nicht radikaler vorgegangen sind." Aber wer konnte damals ahnen, dass die Stürme zunehmen und die Sommer heißer werden? Und dann bleiben Schickhaus noch wenige Minuten, um über den Wald und das Holz als CO2- Speicher zu sprechen. 

Ähnlich kurz müssen sich Kreislandwirt Werner Meier aus Barrigsen und Ökobauer Harmen Gehrke aus Holtensen fassen. 7,3 Prozent betrage der Anteil der Landwirtschaft an den CO2- Emmissionen, trotz einer um 22 Prozent gestiegenen Milchproduktion, einer Vervierfachung der Masthähnchen und einer Steigerung des Pflanzenanbaus um 30 Prozent sei diese Zahl zumindest konstant. Es gibt zahlreiche Biogasanlagen und die Landwirtschaftskanmmer berät Betriebe zu Fragen des Klimaschutzes: "Was kaufen Sie an Saatgut und Dünger, was bleibt auf dem Acker etc..?" "Wir müssen mehr Zwischenfrüchte anbauen". Kritisch sieht Meier das Mercosur-Freihandelsabkommen, durch das jetzt Billigfleisch nach Europa komme, das unter viel schlimmeren Bedingungen produziert werde. Meiers Berufskollege Gehrke verzichtet zwar auf Kunstdünger, weiß aber, dass die Umweltbilanz im Ökolandbau wegen des größeren Auslaufs der Tiere auch nicht zufriedenstellend ausfällt: "Aber müssen wir jeden Tag Fleisch essen?"

Udo Sahling, Geschäftsführer der Klimaschutzagentur Region Hannover, freut sich auf die Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe Klimaschutz der Gemeinde Wennigsen: "Verantwortung trägt jeder" und verweist aufs Klimaschutzkonzept der Gemeinde aus dem Jahr 2010. "Aber was ist  davon umgesetzt?" Ganz im Gegenteil: Das Energiemonitoring zeige in punkto regenerative Energien sogar einen Rückschritt: "Der Diskurs um Windkraftanlagen muss noch mal geführt werden." 25 Prozent  der Wennigser setzten noch auf Öl zum Heizen und warum gibt es nicht mehr Photovoltaikanlagen auf den Dächern?

Die Wennigser Klimaschutzziele sind auch das Thema für Ina Rust von" Wennigsen for Future". Dabei seien die Voraussetzungen vor Ort richtig gut: Der Wald, keine Industrie, hoher Bildungsgrad und Flächen, die für Windkraft genutzt werden könnten. Deshalb müsse es möglich sein, dass Wennigsen bereits im Jahr 2030 klimaneutral sei.