Barsinghausen/Region. Der Nebel zieht tief über den Parkplatz am Nienstedter Pass. Auch im Herbst gibt es im Deister viel Arbeit, weshalb Sebastian Lehmann, Förster bei den Niedersächsischen Landesforsten und Leiter der Försterei Georgsplatz bei Barsinghausen, und Forstreferent Robert Stein sich von hier auf den Weg in den Wald machen..
15.000 Schritte pro Tag kommen laut Lehmann bei der Arbeit im Wald schnell zusammen. „Trotzdem habe ich von meinem 1,4 Hektar großem Revier noch nicht jede Ecke gesehen.“ Als Förster denke, arbeite und plane man über Jahrzehnte. Er zeigt eine Stelle im Wald, an der gerade erst Bäume gefällt wurden. „Die standen hier 80 bis 100 Jahre. Die Bäume, die wir dieses Jahr nachpflanzen, werden ebenso lange hier wachsen. Das sind drei Generationen, bevor hier wieder einer Hand anlegt“, so Lehmann. Die Wetterextreme der letzten Jahre haben dem Mischwald im Deister zugesetzt. Das aktuelle Jahr war sehr regenreich und konnte für Entspannung sorgen. „Es ist grüner und die Wuchskraft viel stärker. Wir kommen aus dem Krisenmodus langsam wieder in den Normalbetrieb. Aber wer weiß schon genau, was noch kommt?“
Doch nicht jeder Baum wird gezielt gepflanzt. „Wir arbeiten in und mit der Natur und nehmen, was diese uns gibt“, zeigt der Förster einen kleinen Baum, der sich seinen Platz selbst gesucht hat. Bei manchem Spaziergänger sorgen die Forstarbeiten - gerade, wenn schweres Gerät im Einsatz ist – für skeptische Blicke. „Wir befahren mit den Fahrzeugen nur 10% des Waldes. Bäume werden in Richtung der festen Fahrgassen gefällt und von dort herausgezogen. Das dicke Reifenprofil unserer Fahrzeuge verhindert eine Verdichtung des Bodens. Die Gassen werden auch nur ein bis zwei Mal im Jahrzehnt befahren.“ Die Maschinen sorgen auch dafür, dass der Beruf des Waldarbeiters sicherer ist. Schlimmer sei da der Müll, der in den Wald geworfen werde. Gerade Gartenabfälle mit exotischen Zierpflanzen habe die heimische Tier- und Pflanzenwelt nichts entgegenzusetzen. „Daran können die Tiere auch sterben und die fremden Pflanzensamen verdrängen heimische Arten.“
Meistens ist Lehmann alleine im Wald unterwegs. „Wir alle machen den Job aus Leidenschaft. Reich geworden ist im Wald noch keiner“, streichelt der Förster seine Hunde. Diese Tiere sind nicht nur eine Hilfe bei der Arbeit. „Sie können Tiere nach Wildunfällen aufspüren und bei der Jagd unterstützen. Aber wenn man 97% seiner Arbeitszeit allein im Wald ist, erfüllen sie auch eine wichtige soziale Komponente für den Förster.“
Aus den gefällten Bäumen wird zum Großteil Bauholz und Papier. Doch der Wald wird von mehreren Interessengruppen beansprucht. „Wir versuchen als Förster auch, Kompromisse mit allen Interessengruppen zu schaffen und immer ansprechbar zu sein“, grüßt Lehmann bei seiner Fahrt durch den Wald jeden Spaziergänger. Neben dem Bewirtschaften wollen die Förster den Wald schützen, aber auch erlebbar machen. So werden Wege, Hütten und Bänke für Wanderer bereitgestellt und erhalten. „In meinem Revier sind drei legale Mountainbike-Trails, was zu einem Rückgang der illegalen Strecken geführt hat“, erklärt Sebastian Lehmann, „Der Platz im Deister ist begrenzt. Jede Gruppe stellt ihre Ansprüche, da sehen wir uns als Anwälte des Waldes.“ In Lehmanns Revier gibt es eine Wald-Kita, einen Grillplatz, eine S-Bahnstation und 90% des Gebiets grenzen an Privatgrundstücke. „Da hat jeder sein Gartentor in den Wald. Ich versuche einfach proaktiv auf die Menschen zuzugehen und Fragen zu beantworten und aufzuklären.“
An diesem Herbsttag wird es schon früh dunkel und der Nebel hängt sich mit den letzten schwachen Sonnenstrahlen in die Baumkronen. „Genau das sind diese Momente, die diesen Beruf so schön machen“, schauen Lehmann und Stein in die Wipfel. „Wir dürfen dort arbeiten, wo andere zur Entspannung hinkommen“, so Forstreferent Stein.
Die beiden bedauern daher auch, dass mancher Waldbesucher das Gefühl für den Wald und die Natur verliert. „Die Wertschätzung fehlt manchen und dann laufen sie hier mit Smartphone und Ohrstöpseln durch“, so Lehmann, der im Forsthaus im Revier wohnt. „Für sie sind wir als Förster dann nur ein Störfaktor, obwohl wir viel Zeit investieren, um den Wald für alle erlebbar zu machen.“