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Die Pandemie wirft Schatten: Haushaltsausgleich für 2022 nur dank sehr optimistischer Steuerschätzung erreicht

Bürgermeister Henning Schünhof.

Barsinghausen. „Entgegen der Annahmen aus dem Frühjahr und Sommer rechnen wir für das kommende Haushaltsjahr zunächst nicht mehr mit einem deutlichen Defizit. Der jetzt von uns eingebrachte Haushaltplan sieht vor, dass wir einen leichten Überschuss von etwa 200.000 Euro erzielen“, sagt Barsinghausens Bürgermeister Henning Schünhof. Er befürchtet aber, dass das Zahlenwerk angesichts der erst kürzlich eingearbeiteten Steuerschätzung, die zeitlich bedingt die derzeitigen Einschränkungen der Pandemie mit seinen wirtschaftlichen Folgen nicht gänzlich umfassen kann, einen zu optimistischen Eindruck vermittelt. Die aktuelle Steuerschätzung hilft uns formal zwar den Haushalt auszugleichen, so Schünhof. Gleichwohl ziehen dunkle Wolken auf, die von der Pandemie und einem riesigen Investitionsvolumen vorangetrieben werden. .

Der Haushaltsplanentwurf weist ordentliche Erträge in Höhe von 73,842 Millionen Euro auf, denen ordentliche Aufwendungen von knapp 73,64 Millionen Euro gegenüberstehen. Durch den Überschuss werde die sogenannte Nettoposition – bei Unternehmen werde dieser Bilanzposten als Eigenkapital bezeichnet – also weiterwachsen, wenn auch nur marginal.

„Der Grund für die formale Verbesserung liegt in der von den Steuerschätzern prognostizierten Erholung der Erträge aus Steuern und ähnlichen Abgaben sowie aus Zuwendungen, die zusammengenommen 83 Prozent unserer Erträge ausmachen. Demnach rechnen wir damit, dass wir im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr in diesem Bereich um rund 5,3 Millionen Euro zulegen werden und wieder in Richtung des Vor-Corona-Niveaus klettern“, so der Verwaltungschef. „Diese Zunahme basiert auf den Zahlen der Steuerschätzer, die erst kürzlich eingegangen sind. Bis zuletzt mussten wir noch mit einem klar defizitären Haushalt rechnen.“ Dieses ursprünglich konstatierte Minus hätte sich auf einen siebenstelligen Betrag belaufen. „Wir haben nach einigen Jahren der Entspannung wieder eine sehr angespannte Haushaltssituation zu erwarten – der jetzt prognostizierte Überschuss darf uns nicht in Sicherheit wiegen“, unterstreicht der Bürgermeister. Zudem handele es sich bei den von den Steuerschätzern gemeldeten Zahlen um Prognosen. „Ob sie sich am Ende als treffend erweisen, bleibt abzuwarten.“

Es seien bereits vorsorglich erhebliche Kürzungen in der Aufwandsplanung notwendig gewesen, um den gesetzlich vorgeschriebenen Haushaltsausgleich zu schaffen. „Diese Methode stößt jedoch bei uns zunehmend an Grenzen, da kaum noch Spielraum im Hinblick auf Kürzungen vorhanden ist“, macht der Bürgermeister klar. „Das inzwischen positive Zahlenwerk war nur durch einen großen Kraftakt meines Finanzbereichs erzielbar.“

Bei aller Freude über die deutliche Ergebnisverbesserung ist dem Bürgermeister zufolge mit Blick auf die kommenden Jahre aber nicht alles so positiv. Einerseits rechnet die Verwaltung mittelfristig nicht mehr damit, die Ergebnishaushalte ausgleichen zu können. Bereits 2025 droht dieser Fall den Haushaltsexperten zufolge. Andererseits sei es nur durch eine strikte Bedarfsreduzierung in allen Verwaltungsteilen möglich gewesen, die Mittel für die Deckung der ordentlichen Tilgung für das kommende Jahr bereitzustellen. Für die Bedienung der langfristigen Kredite müssen allein fast drei Millionen Euro von der Stadt gezahlt werden. „Tendenz steigend, bei den Großinvestitionen, die vor uns liegen“, ergänzt der Bürgermeister. Umso wichtiger sei es, ab sofort auch ein gesteigertes Augenmerk auf den Bereich der Finanzierbarkeit von Maßnahmen zu legen, heißt es dazu im Vorbericht zum Haushalt.

Für investive Maßnahmen sind im Haushalt 18,56 Millionen Euro vorgesehen. Mit veranschlagten fünf Millionen Euro ist der Bau des Feuerwehrgerätehauses in Großgoltern der größte Posten, gefolgt von den ersten Auszahlungen für den Neubau der Wilhelm-Stedler-Schule und die Überplanung des Schulzentrums am Spalterhals. „Für die Hochbaumaßnahmen sind insgesamt fast 13 Millionen Euro vorgesehen, rund 1,37 Millionen Euro entfallen auf den Tiefbau“, erklärt der Bürgermeister. Rechnerisch werde für die Investitionen eine Kreditaufnahme von 16,61 Millionen Euro erforderlich, so Henning Schünhof weiter. Bedenken müsse man, dass zusätzlich noch die verfügbaren Mittel aus Vorjahren in ähnlicher Größenordnung zur Abwicklung von Alt-Maßnahmen vorhanden sind.

Im Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2022 sind außerdem Verpflichtungsermächtigung in Höhe von fast 42,5 Millionen Euro vorgesehen. Diese befähigen die Verwaltung, im Jahr 2022 Aufträge zu erteilen, die erst in den darauffolgenden Jahren kassenwirksam werden. Fast die Hälfte macht dabei die Überplanung des Schulzentrums aus. Dafür werden knapp 20,4 Millionen Euro bereitgestellt, weitere 17,9 Millionen Euro entfallen auf den Neubau der Wilhelm-Stedler-Schule. Insgesamt 17 Maßnahmen sollen mithilfe der Verpflichtungsermächtigungen im kommenden Jahr angeschoben werden. Diese Summen machen deutlich, welchen Finanzierungsbedarf Barsinghausen in den folgenden Jahren zu decken hat.

„Vor dem Hintergrund dieser gewaltigen Investitionen, zu denen auch der Neubau des Wasserwerkes zu zählen ist, wenngleich dies natürlich unter der Regie der Stadtwerke umgesetzt wird, stehen uns in Barsinghausen Weichenstellungen bevor. Auf der einen Seite müssen zentrale Projekte in der Schullandschaft und der Infrastruktur angegangen werden, und auf der anderen Seite ist die Haushaltssituation im Vergleich zu den Vorjahren deutlich angespannter“, blickt der Rathauschef voraus. Dies hänge natürlich stark mit den Folgen der Corona-Pandemie zusammen, welche die Rahmenbedingungen deutlich verschoben hätten.

„Die nächsten Jahre sind sehr wahrscheinlich durch einen Spagat zwischen haushaltsrechtlichen Herausforderungen und einem hohen Investitionsbedarf gekennzeichnet, was jedoch im Nachgang immer wieder Auswirkungen auf den Ergebnishaushalt und damit den gesetzlich vorgeschriebenen Haushaltsausgleich haben wird. Eine Investitionssumme von einer Million Euro führt beispielsweise zu Tilgungsbelastungen von 30.000 Euro in den Folgejahren, wobei dann noch die Abschreibungen zu berücksichtigen sind“, nennt Henning Schünhof ein vereinfachtes Beispiel. Umgekehrt führen höhere Aufwendungen dazu, dass die Verwaltung bei den Investitionen zurückhaltender agieren müsse. „Es gilt für mich und meine Verwaltung, einen Weg zu finden, der den unterschiedlichen Herausforderungen auf bestmöglicher Weise gerecht wird.“

Dieser Weg werde aufgrund von enormen Kostensteigerungen im Baubereich, massiv steigenden Energiekosten und den voraussichtlich weiter steigenden Tilgungsaufwendungen wahrscheinlich nur über eine strenge Haushaltsdisziplin wie in den Jahren des Zukunftsvertrages zum Ziel führen. „Politik und Verwaltung müssen sich darauf einstellen, dass unter Umständen harte Einschnitte gemacht werden müssen – sowohl auf der Aufwandsseite als auch auf der Ertragsseite. Ich bin mir bewusst, dass diese Entscheidungen nicht überall auf Gegenliebe stoßen werden.“


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