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1.000-mal berührt. 1.000-mal ist nichts passiert – Windkraft in Wennigsen

Wennigsen. Das Thema Windkraft und der Standort Degersen liegen nun seit fast zehn Jahren in Wennigsen auf dem Tisch, noch steht kein Windrad in der Gemeinde und auch die Sondersitzung des Bauausschusses, die am Freitagabend stattfand, endete mit der Entscheidung, dass das Thema als behandelt in den Rat am Donnerstag weitergeschoben wird. .

Die Experten Dietrich Kraetzschmer von der Planungsgruppe Umwelt und Planerin Susanne Vogel vom Planungsbüro Vogel Geffers stellten in der Sondersitzung am Freitag, der schon Kritik vorrauseilte, detailreich vor, an welchem Standort im Gemeindegebiet Windkraft möglich sei. Wenig überraschend kommt wieder nur die eine Stelle westlich von Degersen in Frage. Dieser Standort wurde bereits 2018 vom Rat abgelehnt. Die Sitzung wurde schon Tage zuvor kritisiert.

Die FDP hielt die Veranstaltung für sinnlos, wenn Kritiker nicht eingeladen würden. Auch der Sitzungsort sorgte für Kritik. Entgegen anderen Sitzungen wurde die Sondersitzung im Restaurant Yamas abgehalten und wurde nicht im Internet übertragen. Für Kritiker ein Zeichen, dass die Verwaltung das Thema unter dem Radar der Bürger halten wollte. Bürgermeister Christoph Meineke erklärte zu Beginn der Sitzung, dass die Turnhalle der KGS wegen der Abschlussfeiern nicht verfügbar gewesen sei und der Saal im Yamas einer der größten in Wennigsen ist. Leider mit einer schlechten Internetanbindung, womit ein Streaming technisch nicht möglich sei.

Zur Auswahl einer möglichen Windkraftfläche, werden sogenannte „harte“ und „weiche“ Ausschlusszonen festgelegt, erklärten die Experten. Harte Ausschlusszonen sind feste Tabuzonen, in denen keine Windkraft erlaubt ist, z.B. Siedlungen, Naturschutzgebiete, Straßen, Eisenbahnstrecken. Bei den weichen Ausschlusszonen kann die Gemeinde Wennigsen entscheiden, auf welchen Flächen kein Windrad stehen soll. Die Experten schlugen hier unter anderem vor, dass die Windräder mindesten 1.000 Meter von Wohnhäusern entfernt stehen sollten. Allein die harten Ausschlusszonen machen 90,1 Prozent des Gemeindegebiets aus, die weichen Ziele noch einmal 8,8 Prozent. Somit bleibt im Gemeindegebiet nur ein Prozent der Fläche übrig, auf der Windkraft möglich ist: auf der bekannten Fläche westlich von Degersen.

Es kam die Frage auf, wer Wennigsen zwingen würde, Windkrafträder zu bauen. Die Experten antworteten, dass niemand das tue, jedoch möchte Wennigsen Windräder bauen und somit müsste man sich auch an die Gesetzte halten, wenn es um die Auswahlflächen ginge. Von einem Teilnehmer hieß es: „Unsere nachfolgenden Generationen zwingen uns, wenn wir nur ein bisschen an die Zukunft denken.“ Die Windräder werden, wenn sie gebaut sind, gut 20 bis 30 Jahre stehen, daher sei eine vorrausschauende Planung sinnvoll, hieß es von Seiten der Experten.

Doch wie hoch sollen die Windräder werden? Die Experten setzten in ihrem Planungskonzept eine Höhe von 200 Metern an, es gäbe aber bereits Anfragen von Investoren, die Anlagen von einer Höhe von 240 Metern bauen wollten. Die Höhe ist bei verschiedenen Punkten wichtig. Je höher sie sind, um so stärker fallen sie in der Landschaft auf, wirken je nach Blickwinkel sogar höher als der Deister. Je größer ein Windrad, je größer muss auch der Abstand zum nächsten Windrad sein. Dies bedeutet, dass entweder wenige große oder mehrere kleine Windräder auf einer begrenzten Fläche Platz finden. Doch welche Kombination schafft die größte Energieausbeute? Dies muss noch geprüft werden.

Insgesamt herrschte Einigkeit darüber, dass Windkrafträder gebaut werden sollten, um den Energiebedarf in Wennigsen zu sichern und seinen Teil zur Energiewende beizutragen. Doch von anwesenden Bürgern kam auch Kritik. „Niemand spricht mit uns und wir machen uns ernsthafte Sorgen“, so ein Mann aus Degersen. Besonders der Schlagschatten bei Sonnenuntergang würde betroffenen Anwohnern in Degersen Angst machen, stelle es doch eine wesentliche Reduzierung der Lebensqualität dar. Laut den Experten gibt es in Deutschland auch eine Richtlinie zu Schlagschatten, welche besage, dass jeder Bürger nur eine bestimmte Zeit lang am Tag diesem ausgesetzt sein darf. Auch der Lärm der Windräder wurde kritisiert. Die Experten Vogel und Kraetzschmer erklärten, dass im späteren Zulassungsverfahren unzumutbare Belästigungen ausgeschlossen werden können. Grundsätzlich seien die Windräder aber zu sehen und zu hören, wenn sie gebaut sind, so Kraetzschmer. „Nehmt unsere Bedenken erst“, mahnte der Mann aus Degersen, „früher wurden überall Atomkraftwerke gebaut, nun überall Windkrafträder. Ich befürchte, dass nun die gleichen Fehler gemacht werden, wenn Bedenken nicht ernst genommen werden.“

Die Frage zur Höhe und weitere Detailfragen, könnten im weiteren Verfahren im Flächennutzungsplan noch festgelegt werden. Außerdem seien in der Regel 30 bis 50 Gutachten für das Genehmigungsverfahren notwendig, auch für Schlagschatten usw. Angelika Schwarzer-Riemer (Grüne) sagte: „Seit 2012 beschäftigen wir uns mit dem Gebiet in Degersen und sind nun erneut bei dieser Fläche gelandet. Wir Grünen wollen das Wennigsen bis 2030 klimaneutral ist.“ Auch Reinhard Wiens (SPD) ist sich sicher, dass die Gemeinde nicht um den Bau herumkommt.

Obwohl die Experten wieder nur die Fläche in Degersen als mögliche Windkraftfläche ausmachen konnten, stimmten die Ausschussmitglieder nicht über die weitere Vorgehensweise ab, sondern beschlossen, dass Thema, nach fast zehn Jahren, als behandelt zu erklären. Somit landet das Thema im Rat, dann wird dort über die Referenzanlage und die Ausschlusszonen für die Windkraft entschieden.

1.000-mal berührt. 1.000-mal ist nichts passiert. Ob dann in der Ratssitzung, bei der gefühlten 1.001 Berührung mit dem Thema Windkraft eine Entscheidung getroffen wird, zeigt sich in der Ratssitzung am 8. Juli ab 19 Uhr.


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