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Ronnenberg verliert einen Ehrenbürger: Fritz G. Cohen gestorben

Ronnenberg. Ronnenberg trauert um einen besonderen Mann: Fritz G. Cohen, der jüdische Pionier der Ronnenberger Erinnerungsarbeit, starb am 30. Dezember 2024 im Alter von 102 Jahren in Chicago. Sein Tod markiert das Ende einer Ära und hinterlässt eine Lücke in der Gemeinschaft..

Fritz Cohen wurde 1922 in Ronnenberg geboren und floh 1938 mit seinen Eltern vor dem Naziterror in die USA. Seine Großmutter musste aufgrund ihres Alters und einer Verletzung zurückbleiben und fiel dem KZ Theresienstadt zum Opfer. Trotz des Schmerzes und der Trauer über den Verlust seiner Großmutter engagierte sich Cohen unermüdlich für die Aufarbeitung der Geschichte und die Erinnerungsarbeit in Ronnenberg.

Seine Verdienste um die Verständigung zwischen Ronnenberg und den vertriebenen Juden wurden mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt im Jahr 2008 gewürdigt. Als Ehrenvorsitzender des Fördervereins Erinnerungsarbeit Ronnenberg e.V. setzte er sich dafür ein, dass die jüdischen Familien eine enge Verbindung zu ihren familiären Wurzeln pflegen können.

Cohen kehrte als US-Soldat nach Europa zurück und trug zur Befreiung Deutschlands bei. Als Germanistik-Professor und Enkel eines Holocaustopfers führte er eine offene, schmerzhafte Auseinandersetzung mit den Naziverbrechen und forderte eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Am Abend vor seiner Flucht war er auf offener Straße von einem ehemaligen Ronnenberger Klassenkameraden geohrfeigt worden, weil er Jude sei. Als diese Untat in den 1950er Jahren bei einer Wiedersehensfeier der Klasse zur Sprache kam und der Schläger bemerkte: „Wir waren eben Jungs“, antwortete Cohen knapp: „Eigentlich hätte man mit 15 Jahren wissen müssen, was man tut“ und wandte sich um.

1998, zum 60-jährigen Gedenken an die barbarische Reichpogromnacht, lud die Stadt Ronnenberg zum ersten Mal jüdische Holocaust-Überlebende und ihre Familien in die ehemalige Heimat ein. Nicht alle waren zunächst bereit teilzunehmen. Cohen, überzeugte zögernde Verwandte, dass sie sich der Vergangenheit stellen müssten. Schließlich kamen 20 Gäste nach Ronnenberg.

Sein Einsatz für die Erinnerungskultur in Ronnenberg hinterlässt eine bleibende Spur und prägt das Verhältnis zwischen der Stadt und den jüdischen Familien bis heute, heißt es im Nachruf durch den Förderverein Erinnerungsarbeit Ronnenberg (FER). Fritz G. Cohen werde in den Herzen der Menschen in Ronnenberg weiterleben, als ein Mann, der trotz aller Schrecken und Verluste nie aufhörte, für Gerechtigkeit und Erinnerung zu kämpfen.

„Mit Fritz G. Cohen verliert Ronnenberg nicht nur einen Ehrenbürger, sondern einen herausragenden Botschafter der Verständigung und des Erinnerns. Sein Vermächtnis wird uns weiterhin leiten, und sein Engagement für Aufarbeitung der Geschichte und Versöhnung bleibt unvergessen“, so Marlo Kratzke, Bürgermeister der Stadt Ronnenberg.