Ronnenberg.
"Wir begehen heute gemeinsam mit dem Förderverein Erinnerungsarbeit Ronnenberg, Vertretern der Kirchen und des Rates das Gedenken an die Reichspogromnacht", so begrüßte Bürgermeisterin Stephanie Harms die Gäste, die sich zum Gedenken an die vertriebenen und im Holocaust umgekommenen jüdischen Mitbürger versammelten. Die jährliche Veranstaltung hatte einen würdigen Rahmen: Sie fand am Denkmal für Juden Am Weingarten statt, das 2013 eingeweiht wurde und endete mit der Kranzniederlegung.
In ihrer Rede ging die Bürgermeisterin auf den Schrecken des 9. Novembers 1938 ein, der anfangs "Reichskristallnacht" genannt wurde. "Ab diesem Zeitpunkt zeigte das NS-Regime sein wahres Gesicht." Auch in Ronnenberg wurden am späten Abend fünf Juden verhaftet, darunter der über 60-jährige Franz Seligmann. Alle wurden in das KZ Buchenwald verschleppt.
Harms wies auf die Tatsache hin, dass bald keine Zeitzeugen mehr von dem Grauen berichten können. "Um so wichtiger ist es, die Schrecken der NS-Zeit den Jugendlichen so zu vermitteln, dass sie den Parolen bestimmter Gruppierungen kritisch gegenüber stehen können."
6 Millionen ermordete Juden seien für viele Jugendliche heutzutage nur noch eine Zahl. "Die Geschichten von Einzelschicksalen rühren mehr an". Pfarrer Klemens Teichert von der katholischen Kirchengemeinde ging in seiner Rede auf das Schicksal eines jüdischen Mädchens ein, dass seine Erlebnisse in einem Versteck schrieb.
Bereits am Vorabend gedachte der „Förderverein Erinnerungsarbeit Ronnenberg“ auf seiner Kulturveranstaltung an die Reichspogromnacht 1938. Der Förderverein hob hervor, dass nachdem 1998 eine Gedenktafel am ehemaligen jüdischen Gebetssaal angebracht worden war, im Jahre 2005 drei Stolpersteine für im Holocaust ermordete Juden verlegt worden seien. 2013 sei das Denkmal für 23 vertriebene und ermordete Juden errichtet worden. 2017 habe der Rat der Stadt die Verwaltung beauftragt, den ehemaligen Betsaal, sozusagen die Synagoge von Ronnenberg, zu sichern, so daß kommende Generationen, vor allem Schulen, an authentischer Stelle für eine menschenwürdige Gesellschaft lernen könnten. Die Stadt soll laut Ratsauftrag für die Betsaal-Gestaltung mit sachverständigen Institutionen eine Konzeption erarbeiten.
Musikalisch gestaltet wurde die Veranstaltung durch zwei international wirkende Künstler, den Mandolinisten Alon Sariel aus Israel und die Pianistin Marina Baranova aus der Ukraine.