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Reformationsempfang des Kirchenkreises

Blumen für die Impulsgeber: (von links nach rechts) Christian Windhorst, Sandra Kosel, Bert Staritz, Elke Meyer, Kristin Köhler und Antje Marklein.

Ronnenberg.

„Zeit für Freiräume“ – ein landeskirchliches Thema zieht sich durch das Jahr 2019. So griffen auch der Kirchenkreisvorstand und Superintendentin Antje Marklein beim diesjährigen Empfang des Kirchenkreises am Vorabend des Reformationstages diesen Impuls auf. Ertrunkene Menschen im Mittelmeer, die Fridays for Future-Bewegung, Fragen des Klimawandels, die Politik der Türkei oder auch der bemerkbar werdende Rechtsruck im Land – Schlagzeilen aus diesem Jahr, die die Superintendentin in ihrer Begrüßung anriss. Und dem gegenüber „Zeit für Freiräume“.

„Ein Jahr, in der ‚not to do-Listen‘ geschrieben werden, in der die Pausentaste gedrückt wird, in der wir auf den Auftrag der Kirche blicken und uns Zeit für heilsame Unterbrechungen nehmen. Gleichzeitig ist es aber auch ein politisches Thema“, meinte sie und nannte als Beispiel die Frage von Ladenöffnungszeiten am Sonntag. Drei Frauen und zwei Männer aus verschiedenen Berufsfeldern erzählten in der Michaeliskirche vor gut 80 Gästen von ihrem Umgang mit Freiräumen. „Wir müssen nach Abschluss eines Einsatzes im Streifenwagen uns wieder ‚freimelden‘. Nach besonders belastenden Einsätzen, wie zum Beispiel vor einiger Zeit nach einem plötzlichen Kindstod, können wir durchatmen und melden uns fünf bis zehn Minuten später frei“, berichtete Sandra Kosel, die Dienstschichtleiterin aus dem Polizeikommissariat Barsinghausen. Ein möglicher Freiraum im Dienst der Polizistin. Es sei wichtig, dass sie auf sich selbst und dass auch das Team aufeinander achte und dass es Zeit gebe, um Kraft zu schöpfen und den Kopf freizubekommen.

Kritisch blickte Bert Staritz, Ergotherapeut im Petrushof Barsinghausen auf das Motto der Landeskirche. Erst vor wenigen Wochen sei er auf das Jahr der Freiräume aufmerksam geworden – wohl auch, so der 58-Jährige, weil im beruflichen Alltag oft dafür die Zeit fehle. Im täglichen Betrieb, sieben Tage die Woche, 24 Stunden, sei es kaum möglich, Zeit für Muße zu finden. „Jeder Freiraum steht und fällt mit Kollegen, die dann einspringen müssen. Und dann wird auch schnell wieder Aufmerksamkeit von den Bewohnern eingefordert“, sagte er. Oasen der Ruhe könnten nur mit mehr Mitarbeitenden realisiert werden.

Auf einen großen Freiraum freut sich Elke Meyer. Sie geht Anfang nächsten Jahres in den Ruhestand. Bis dahin engagiert sie sich als Betriebsrätin bei Wabco Hannover. In einer immer schnelllebigeren Zeit und Produktion im Betrieb, sei es für sie wichtig, Zeit für Kollegen zu haben. Aber auch selbst Freiräume zu behalten. „Schnell mal zwischendurch in der eigenen Pause eine Frage beantworten, dauert oft länger, als gedacht. Deshalb achte ich auf meine Pausen und auch darauf, dass ich nicht zu Hause angerufen werde, um mich dann aber richtig im Dienst als Betriebsrätin einsetzen zu können“, sagte die Wedemärkerin.

Kristin Köhler, Pastorin in der Petrusgemeinde Barsinghausen, hatte sich am Anfang des Jahres einiges für die „Freiräume“ vorgenommen, wie sie berichtete. Sie wollte viel lesen, Spaß haben, mit Gott in Kontakt sein und barmherzig mit sich selbst sein. „Gott sei Dank bin ich in der Generation Y, also in der Generation, die alles hinterfragt, für die Arbeit sinnstiftend sein soll, die sich selbstverwirklichen will, groß geworden. Ich arbeite gern, aber ich brauche keine 60-Stunden-Woche für mein Selbstbewusstsein, sondern genieße jeden Freiraum, der sich mir bietet“, sagte sie. Für ihren Berufsstand müssten aus dem Jahr der Freiräume auch Konsequenzen folgen, wie eine Fünf-Tage-Woche, statt der bisher üblichen sieben Arbeitstage, eine feste Anzahl von Wochenarbeitsstunden und die Aufgabe der Residenzpflicht für Pastoren, also die Wohnortsauflage direkt in der Gemeinde.

Über „Pausen“ in der Musik sprach Kirchenkreiskantor Christian Windhorst – und sorgte gleichzeitig beim Empfang für musikalische Akzente durch zwei Orgelstücke von Dietrich Buxtehude und zwei Liedern, die er mit den Gästen in der Kirche sang. Aufgrund der Kälte in der Kirche – die Heizung wird derzeit erneuert – wurde auf eine Diskussion über die Impulse zum Jahr der Freiräume verzichtet. Zeit für Begegnungen und Gespräche bei Getränken und einem Büfett blieben dann im Gemeindehaus nahe der Kirche.