Barsinghausen. Am Dienstagmorgen, 6. September, fand nach der Coronapause wieder ein Ausbildungsfrühstück statt, an dem Betriebe, der Bürgermeister und der Wirtschaftsförderer der Stadt Barsinghausen, Vertreter der örtlichen Schulen, der Verein Ausbildungsmesse, die Agentur für Arbeit Barsinghausen und pro regio teilnahmen. Das Treffen war dringend nötig, da die Betriebe unter dem Fachkräftemangel leiden und Betriebe und junge Menschen unter Corona noch seltener zueinandergefunden haben. .
„Es sind turbulente Zeiten. Auch auf dem Ausbildungsmarkt“, begrüßte Max Matthiesen, Vorsitzender Verein Ausbildungsmesse die rund 30 Gäste in der Waschkaue des Zechensaals, „Immer wieder berichten uns Unternehmen aus Barsinghausen, dass sie Aufträge nicht mehr annehmen können, da sie keine Mitarbeiter finden, die die Aufträge abarbeiten könnten.“ Aktuell gäbe es eine Lücke von 10.000 unbesetzten Ausbildungsplätzen in Niedersachsen, welche sich in den nächsten Jahren noch vergrößern dürfte. Auf Bundesebene werde versucht, durch ein neues Einwanderungsgesetz Nachwuchs aus dem Ausland zu gewinnen, so Matthiesen. „Es gibt in Barsinghausen ein gutes Netzwerk zwischen den Schulen, dem Verein der Ausbildungsmesse, Betrieben und der Wirtschaftsförderung, doch Corona hat viele Praktika verhindert und so die Kluft zwischen Betrieben und Schülern noch vergrößert“, so der Vorsitzende, „Das müssen wir wieder ändern.“
Dina de Haas, pro regio, verwies noch einmal auf die nächste Ausbildungsmesse am 27. September. 30 Betriebe hätten bereits zugesagt und auch vier Schulen werden mit 450 Schülern vor Ort sein. Weitere Besucher dürften auch gerne kommen. De Haas wünscht sich: „Bauen Sie bitte Brücken, über Geschlechterklischees hinaus. Sprechen Sie Schüler direkt an, um ins Gespräch zu kommen und geben Sie jedem der jungen Menschen eine Chance.“ Es wird eine Stempelrallye für die 8. Jahrgänge, die klassische Messe für die 9. und ein Speeddating für die 10. Jahrgänge geben.
Katrin Jäck, Beraterin Berufsorientierung der Agentur für Arbeit Barsinghausen, gab einen Einblick in die Situation der Schulabgänger. „Schade ist, dass viele Schüler von Eltern und Gesellschaft mitbekommen, dass sie ohne Abitur nichts mehr wert sind. Aber auch Ängste vor dem falschen Beruf und plötzlich auf sich allein gestellt zu sein, bremst die Schüler aus.“ Im Schnitt beginnen nur 30 Prozent der Absolventen eine Ausbildung, berichtete Jäck. „Jedoch haben die Jugendlichen oft kein realistisches Bild von der Arbeitswelt. Sie wollen viel Geld, sind aber erschrocken darüber, dass mit Hin- und Rückfahrt ein Arbeitstag schnell neun Stunden und mehr haben kann“, so die Beraterin, „Sie wollen auch oft nicht ihre Freizeit opfern, um ein Praktikum nachzuholen, dass unter Corona ausgefallen ist.“ Es gäbe genug freie Ausbildungsstellen und Beratungsstellen in und außerhalb der Schulen, diese Chancen müssten Schüler aber auch nutzen. „Wer allerdings schon Angst davor hat, mal ein Telefonat zu führen und auch auf meine Anrufe nicht mehr reagiert, dem kann irgendwann nicht mehr geholfen werden“, bedauert Katrin Jäck, „Viele merken erst viel zu spät, dass sie aktiv werden müssen.“
In einem gemeinsamen Video-Projekt haben die Akteure, unter Organisation der Volkshochschule (VHS), versucht, Betriebe und Schüler auf neuem Wege zueinander zu bringen. „Die Schüler kennen oft die Betriebe vor Ort nicht“, berichtete Wirtschaftsförderer Timo Muchow, „Das tolle am Video-Projekt ´45-Young Images` ist, dass die Schüler sich selbst Betriebe gesucht haben und dort bei den Dreharbeiten direkt mit den Chefs und Verantwortlichen ins Gespräch gekommen sind. Auch die Betriebe haben uns zurückgemeldet, dass sie das Projekt weiterführen wollen.“ Das Pilotprojekt soll in der nächsten Runde jedoch stärker fokussiert werden, nicht über Monate, sondern in Absprache mit den Schulen innerhalb von ein bis zwei Wochen stattfinden, damit die Schüler nicht das Interesse verlieren. „Auch wir lernen immer noch dazu“, sagte der Geschäftsführer der VHS, Kersten Prasuhn, „Die Kommunikation zwischen Schülern, Betrieben, den Schulen und der VHS muss verbessert werden. Außerdem werden die Betriebe in der nächsten Runde früher ins Boot geholt, damit die Stärken der örtlichen Ausbildungsbetriebe besser beleuchtet werden können.“
Auch Max Matthiesen zeigte sich begeistert von dem Projekt und dem Ergebnis: „Ich war bei einem Termin selbst vor Ort und es war wundervoll zu sehen, wie motiviert die jungen Leute sein können, wenn sie in ein Projekt maßgeblich eingebunden werden. Das müssen wir beibehalten, wiederholen und uns für Barsinghausen erhalten.“