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Umweltminister: „Strom aus Kernkraft europaweit vier Mal so teuer wie aus Windenergie.“

Region. Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies warnt mit Blick auf die aktuelle Kernenergie-Debatte davor, den richtigen Pfad zu verlassen und eine nutzlose, weil rückwärtsgewandte Diskussion zu führen. „Deutschland hat entschieden, aus der Kernenergie auszusteigen. Und das ist nach wie vor absolut richtig, schließlich haben wir noch immer keine Antwort auf die wichtigste Frage: Wohin eigentlich mit dem Atommüll, den wir über Jahrzehnte produziert haben, für hunderttausende von Jahren? Darum ist für mich viel wichtiger und entscheidender die Frage: Wie sieht die Energieversorgung der Zukunft aus? Ich bin davon überzeugt: Mit den Erneuerbaren Energien sind wir auf dem richtigen, auf einem enkeltauglichen Weg.“.

Der Minister hält die Entscheidung der Europäischen Union, Kernenergie als grün und nachhaltig einzustufen, für „vollkommen falsch“. „Wir haben nicht nur keine Antwort für die Endlagerfrage, darüber hinaus sind die Strom-Entstehungskosten für neue Kernkraftwerke hoch und die Planungs- und Bauzeiten sehr lang.“ So beträgt die Bauzeit des einzigen Neubaus im Kernenergieland-Frankreich mittlerweile schon 15 Jahre und er ist noch nicht fertig. Die Genehmigungs- und Bauzeiten neuer Kernkraftwerke dürfte Jahrzehnte dauern. „Damit käme global die Umstellung als Ersatz für Kohle viel zu spät“, sagt Lies. Außerdem kostet die Stromerzeugung durch Atomkraft in der EU pro Kilowattstunde viermal mehr als durch Windkraft, das hat das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) berechnet.

„Ökonomisch kluge Investitionen werden in erneuerbaren Energien und die Wasserstoffwirtschaft getätigt“, so Minister Lies. Windkraft, Photovoltaik und Gasturbinenkraftwerke können technisch in wenigen Jahren errichtet werden. Die Gaskraftwerke werden mittelfristig mit blauem und sukzessive mit grünem Wasserstoff betrieben. „Damit wird deutlich, dass die klimaneutrale Energieversorgung nur mit dem konsequenten Ausbau von Windenergie, Photovoltaik und dem Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft mit perspektivisch grünem Wasserstoff zu gewährleisten ist“, betont der Minister.

Nicht ausblenden will Lies aber die immer wieder geführte Debatte um den Endkundenstrompreis für den Privatkunden und ebenso die wettbewerbsverzerrenden Bedingungen beim Strompreis für die Wirtschaft. Seine Forderung: „Weg mit der EEG-Umlage, runter mit der Stromsteuer, das sind erste notwendige Schritte. Und bessere Möglichkeiten der Eigenstromnutzung schaffen zusätzliche Investitionsanreize. Der hohe Strompreis ist staatlich verantwortet und nicht mit der heutigen sowie zukünftigen Kostenstruktur der Erneuerbaren Energien zu begründen.“

Lies appelliert an Verantwortungsträger beim Land und im Bund: „Was wir jetzt brauchen ist ein breiter politischer Konsens für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und keine fatalen Signale wie das der Europäischen Kommission, das uns zugleich in eine Sackgasse führt. Wenn es aber jetzt statt der notwendigen Geschlossenheit in der Politik den Versuch gibt, daraus eine wenn auch noch so kleine Renaissance der Kernenergie zu machen, dann ist das noch schlimmer. Eine Debatte über angebliche Stromlücken zu führen, um eine Fortsetzung der Kernenergie zu begründen oder die Debatte zum Ende der Kernkraft als ideologisch zu bezeichnen ist erschreckend und passt nicht in die Zeit. Es stärkt höchstens die immer wieder lauter werdenden Windkraftgegner und liefert ihnen auch noch politische Rückendeckung. Dazu sollte sich Politik nicht hinreißen lassen.“

Trotz der Planung der EU sei Lies „sehr sicher“, dass internationale Player erkennen werden, dass Investitionen in die Erneuerbaren Energien eine verlässliche und planbare Grundlage bieten. „Davon kann Deutschland profitieren. Die Entscheidung, dass nur nachhaltige Gaskraftwerke, die perspektivisch mit grünem Gas betrieben werden, echte Zukunftsinvestitionen sind, ist dagegen absolut richtig. Grüner Strom und perspektivisch grünes Gas sind die notwendigen Lösungen für eine bezahlbare und verlässliche Energieversorgung. Wenn wir diesen Weg in Deutschland mit Nachdruck vorantreiben, dann wird es einen Erfolg für den Klimaschutz gepaart mit positiver wirtschaftlicher Entwicklung, gesellschaftlicher Teilhabe und guter Arbeit geben“, ist der Umwelt- und Energieminister überzeugt. „Denn in spätestens 20 Jahren müssen wir nahe der Klimaneutralität sein. Erreichen wir dieses Ziel nicht, sind planetare Kipppunkte mit der weiteren unkontrollierbaren Erwärmung automatisch die Folge – mit verheerenden Auswirkungen für das arktische Meereis, den Grönländischen Eispanzer und das westarktische Eisschild. Damit würden sich auch in Norddeutschland die Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse, durch ein komplett anderes Klima wie wir es heute kennen, grundlegend ändern. Küstenschutz, Land- und Forstwirtschaft wären in der jetzigen Form massiv gefährdet.“