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NABU-Ortsgruppen lehnen Windenergieplanung ab

Dr. Peter Best, Uwe Hormann, Dr. Olaf von Drachenfels, Gisela Wicke (Gehrden) , Gerhard Krick (Wennigsen), Elke Steinhoff (Barsinghausen).

Barsinghausen / Gehrden / Wennigsen.

Grundsätzlich befürwortet der NABU die Energiegewinnung durch WEA (Windenergieanlagen), allerdings unter Beachtung aller Belange des Natur- und Umweltschutzes sowie der menschlichen Gesundheit. Daraus folgt, dass die Anlage weiterer WEA nur in Bereichen erfolgen sollte, wo einerseits der Windverhältnisse besonders günstig sind und andererseits Natur und Landschaft sowie die Belange der örtlichen Bevölkerung nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Diese Bedingungen erfüllt die WEA-Planung zwischen den Ortsteilen Langreder, Redderse, Degersen, Wennigser Mark und Egestorf aus NABU-Sicht nicht - aus folgenden Gründen:

Der gewählte Standort liegt bei der Hauptwindrichtung von Südwest im Lee des Deisters. Deswegen ist er offenbar nur dann wirtschaftlich, wenn die WEA so hoch sind, dass sie über den Kamm des Deisters ragen. Die vorgesehene Höhe von 240 Metern (gemessen vom Boden bis zur Spitze der Rotoren) führt zu Auswirkungen, die in dieser Dimension bisher ohne Beispiel sind und von den betroffenen Bürgern auch nur schwer einzuschätzen sind.

Das bisher von Feldern, vielen Gehölzen sowie den Kulissen von Gehrdener Berg und Deister geprägte harmonische Landschaftsbild würden durch die vorgesehenen sieben WEA dieser jeden landschaftlichen Rahmen sprengenden Dimension völlig im Sinne einer Industrielandschaft überprägt werden. Nur an wenigen Stellen in Niedersachsen ist die Naturraumgrenze zwischen Tiefland und Bergland so deutlich ausgeprägt, wie in diesem Bereich mit Blick auf die höchste Erhebung des Deisters als Vorposten des Weserberglands. Dieses Bild und die Ruhe der Landschaft würde durch die Dominanz der WEA zerstört werden. Dadurch würde die Qualität als viel genutztes Naherholungsgebiet der umliegenden Ortsteile stark leiden. Die Planung steht somit im Widerspruch zum Schutzzweck des angrenzenden Landschaftsschutzgebiet Norddeister, das eben diese landschaftliche Situation ausdrücklich erhalten soll. Die Verordnung betont in § 2 die „hohe Bedeutung für die Naherholung, weil die Sicht auf die Höhenzüge Deister im Süden und Gehrdener Berg im Norden als schönes und einzigartiges Landschaftsbild (Übergang vom nördlichsten Mittelgebirge in die norddeutsche Tiefebene) wahrgenommen wird.“

Die Feldmark ist hier noch weitgehend unzerschnitten und durch Gehölzbestände gegliedert. Durch die Nähe der Wälder von Gehrdener Berg und Deister ist sie im besonderen Maße als Nahrungshabitat von Greifvögeln geeignet, wie insbesondere dem streng geschützten und durch WEA besonders gefährdeten Rotmilan. Wiederholt wurde zudem die vom Aussterben bedrohte Kornweihe gesichtet. Der Deister ist auch eine wichtige Orientierungsmarke für den Vogelzug, was insbesondere zu den Zeiten des Kranigzugs auffällt. Außerdem ist zu beachten, dass der Deister als Winter- und Sommerquartier mehrerer Fledermausarten von Bedeutung ist, die ebenfalls nach europäischem Recht streng geschützt sind. Entlang der Gehölzreihen westlich von Degersen werden regelmäßig zahlreiche Fledermäuse bei der Nahrungssuche beobachtet. Diese Tiere können leicht in den Sog der Windräder geraten und dadurch getötet werden. Es ist aus Artenschutzgründen erforderlich, dass hinreichend große, bisher noch unzerschnittene Teilflächen der Kalenberger Börde von WEA freigehalten werden, insbesondere im Umfeld der großen Waldgebiete.

Sofern die Genehmigungsbehörde auf der Grundlage noch vorzulegender unabhängiger und fachkompetenter Gutachten dennoch nach sorgfältiger Abwägung zu dem Ergebnis kommen sollten, dass WEA in diesem Bereich grundsätzlich genehmigungsfähig sind, dann müssen auch die Belange der menschlichen Gesundheit bei den weiteren Festlegungen beachtet werden. Keinesfalls darf die Lärmbelästigung durch die vielfach als sehr unangenehm empfundenen Geräusche derartig großer WEA die Grenzwerte für reine Wohngebiete überschreiten. Dies wäre aber bei der vorliegenden Planung der Fall, da sich diese an den Grenzwerten von Mischgebieten orientiert. Das ist angesichts des Charakters der umliegenden Ortschaften nicht aktzeptabel. Die Vorbelastung durch Lärm ist in kaum einem Bereich der Region Hannover so gering wie hier, wo Flughafen, Eisenbahntrassen mit Güterverkehr, Autobahnen und Bundesstraßen relativ weit erfernt sind. Solche Oasen der Stille müssen erhalten bleiben. Die gesundheitlichen Auswirkungen der Schallemissionen von WEA sind umstritten, insbesondere die des Infraschalls. Da mit WEA dieser Dimension in Ortsnähe in Deutschland keinerlei Erfahrungen vorliegen, ist ein deutlich höherer Abstand als die vorgesehen 900 Meter zu fordern.

Neben der Lärmbelästigung sind auch optische Beeinträchtigungen zu vermeiden. Die geplanten hohen WEA würden bei niedrigen Sonnenständen einen rotierenden Schlagschatten von über zwei Kilometern Länge werfen. Zur Einhaltung der rechtlichen Vorgaben (maximal 30 Minuten Schattenwurf auf Wohngebäude inklusive Terrassen pro Tag) müssten die Anlagen wahrscheinlich in den Morgen- und Abendstunden zeitweilig abgeschaltet werden, damit der Grenzwert in Egestorf, Redderse und Degersen nicht überschritten wird. Der NABU fordert, dass nur WEA gebaut werden dürfen, deren sichtbarer Schattenwurf die Wohngebiete nicht erreicht. Außerdem können erhebliche Störungen von den blinkenden Positionslampen der WEA ausgehen. Auch dies ist bei den Planungen angemessen zu berücksichtigen.

Wie bei den vielen anderen Bauvorhaben im Deistervorland ist auch hier wieder das ungebremste Fortschreiten der Überbauung fruchtbarster Ackerböden zu kritisieren. Die WEA werden mit ihren Zuwegen zu weiteren erheblichen Flächenversiegelungen führen.

Die NABU-Ortsgruppen fordern, dass die Auswirkungen der geplanten WEA durch unabhängige, fachkompetente Gutachter umfassend untersucht und die betroffene Bevölkerung über die Ergebnisse ausführlich informiert wird. Der Bau von WEA dieser Bauhöhe und Anzahl in diesem landschaftlich bedeutsamen Naherholungsgebiet und in so geringem Abstand zu Wohngebieten wird abgelehnt. Ob eine kleinere Anlage vertretbar wäre, kann erst nach Vorlage der Gutachten beurteilt werden.