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KRH-Aufsichtsrat beschließt Wirtschaftsplan mit einem Defizit von 48,2 Millionen Euro

Region. Der Aufsichtsrat des KRH Klinikum Region Hannover hat den Wirtschaftsplan für das kommende Jahr verabschiedet. Dieser sieht ein Defizit von 48,2 Millionen Euro vor. Neben dem bekannten strukturellen Defizit und den Belastungen aus selbst finanzierten Investitionen von zusammen etwa 30 Millionen Euro wirken sich die Inflation und die Energiekostensteigerungen, die aktuell nicht gegenfinanziert sind, mit 18 Millionen aus. Neben diesen Sondereffekten zeigt die wirtschaftliche Entwicklung die dringende Notwendigkeit von Strukturanpassungen für das KRH..

Diese Dringlichkeit wird auch noch einmal durch die jüngst vorgestellten Reformvorschläge der Expertenkommission des Bundesgesundheitsministers unterstrichen. Entsprechend wurden in der Sitzung des Aufsichtsrates auch die Grundzüge der jüngst erarbeiteten Medizinstrategie 2030 vorgestellt und diskutiert. Darin beschreibt das KRH Klinikum Region Hannover, wie es in den kommenden Jahren seine Versorgungsstrukturen entwickeln will, um auch zukünftig eine qualitativ hochwertige Versorgung anbieten zu können. Dieser KRH-internen Entwicklung von Vorschlägen für eine Medizinstrategie 2030 war vor einem Jahr ein Prozess vorangegangen, in dem sich der Aufsichtsrat des Klinikums gemeinsam mit der Geschäftsführung des Klinikums intensiv mit den sich verändernden Rahmenbedingungen in der Medizin und der deutschen Gesundheitswirtschaft auseinandergesetzt hatte. Es folgte im Frühjahr 2022 die Beauftragung zur Weiterentwicklung der Medizinstrategie des Unternehmens für das Jahr 2030 und folgende. Seitdem haben weit über 250 Mitarbeitende des KRH aus Medizin, Pflege, aus den Funktions- und administrativen Bereichen mit Hilfe externer Spezialist*innen ihr Wissen und Können eingebracht. Die gemeinsam entwickelte Konzeption beschreibt, wie die bestehenden Strukturen des drittgrößten kommunalen Gesundheitskonzerns in Deutschland, gerade vor dem sich zuspitzenden Fachkräftemangel und den zunehmenden Strukturanforderungen, weiterentwickelt werden können, um die medizinische Versorgung der etwa 1,2 Millionen Menschen in der Region Hannover unter den dynamischen Rahmenbedingungen der deutschen Krankenhausfinanzierung auf einem hohen Niveau zukunftsfähig zu machen.

Antworten müssen gefunden werden

„Was wir für die Zukunft brauchen, ist eine kluge Verschränkung von stationären und ambulanten Angeboten in der Gesundheitsversorgung. Ohne diese Verknüpfung landen wir auf Dauer in einer Sackgasse. Ich bin überzeugt davon, dass wir durchlässigere Strukturen brauchen und als Klinikum Region Hannover dazu einen wertvollen Beitrag leisten können“, sagt Regionspräsident Steffen Krach. „Allen, die an der Erarbeitung der jetzt vorliegenden Vorschläge mitgearbeitet haben, möchte ich für ihre Ideen und ihren Einsatz danken. Wir werden uns in den kommenden Wochen intensiv mit den Konzepten befassen, um dann Entscheidungen zu treffen, die die Gesundheitsversorgung in der Region Hannover weiter stärken und gleichzeitig die Zukunft des Klinikums Region Hannover sichern.“ Auch die Arbeitnehmervertreter des KRH im Aufsichtsrat sehen hier eine der wesentlichen Zukunftsherausforderungen. Michael Borges, Stellvertretender Vorsitzender des Gremiums, fasst die für ihn und seine Kollegen wichtigen Eckpunkte wie folgt zusammen: „Das Ziel einer bedarfsgerechten Versorgung in der gesamten Region muss im Mittelpunkt stehen. Für jeden Beschäftigten muss es weiterhin eine sichere Perspektive im KRH geben, die Arbeitsbedingungen müssen verbessert und Entlastung für die Beschäftigten organisiert und spürbar werden. Anhand dieser Kriterien bewerten wir jeden Vorschlag, bringen uns in den weiteren Prozess ein und sehen, dass die noch zu beschließenden Veränderungen und Entscheidungsprozesse für die Beschäftigten möglichst transparent und nachvollziehbar dargestellt werden müssen.“

Rahmenbedingungen

Der jetzt vom KRH vorgelegte Entwurf einer Medizinstrategie 2030 folgt der allgemeinen Entwicklung einer zunehmenden Spezialisierung und Konzentration der Versorgungsangebote in größere und fachlich breit aufgestellte Einheiten und Strukturen. Dies entspricht genau der Zielrichtung des Landes Niedersachsens für die Weiterentwicklung der Krankenhausplanung und steigert die Wahrscheinlichkeit, hier die nötige Unterstützung und Begleitung bei der weiteren Umsetzungsplanung zu erhalten. Bestätigt wird die Konzeption auch durch die jüngst vorgestellten Reformvorschläge der Expertenkommission der Bundesregierung. Diese sehen ein mehrstufiges Versorgungsmodell vor, in dem Häuser mit klar definierten zentralisierten stationären Angeboten sich stärker als bisher über Vorhaltepauschalen werden refinanzieren können. Neben der Stärkung der Standorte und die weitere Konzentration und Vernetzung der Leistungsangebote gibt das Medizinstrategiepapier auch eine Antwort für das KRH, wie es auf den zunehmenden Fachkräftemangel und die derzeit nicht auskömmliche Finanzierung durch eine Umverteilung der begrenzten Ressourcen auf die für die Versorgung der Bevölkerung relevantesten Bereiche reagieren kann.

Konkrete Vorschläge

Im Ergebnis empfiehlt die jetzt vom KRH in Grundzügen vorgestellte Medizinstrategie 2030 die örtliche Zusammenlegung der bereits eng verzahnten Häuser im KRH Klinikum Mitte mit den Standorten Nordstadt und Siloah zu einem Maximalversorger am Neubaustandort Siloah. Dies würde eine bauliche Erweiterung mit sich bringen, die planerisch bereits bei der Errichtung des aktuellen Neubaus berücksichtigt worden ist. Dem Trend zur Ambulantisierung soll durch den Aufbau von komplementär aufgestellten ambulanten Versorgungsangeboten direkt am Standort Rechnung getragen werden.

Die bereits bestehenden Pläne für den Krankenhausneubau eines Schwerpunktversorgers in Großburgwedel, so das Papier, sollen genutzt werden, um die Zusammenlegung der Leistungsbereiche aus den aktuellen Standorten Großburgwedel und Lehrte zu vollziehen. Die Konzentration der Leistungsangebote soll in der bereits bestehenden engen Verzahnung der beiden Standorte zeitnah in den derzeit vorhandenen baulichen Strukturen und möglichen Interimslösungen vorgenommen werden. Für den Standort Lehrte ist vorgesehen, gemeinsam mit Partnern einen Gesundheitscampus mit ambulanten Versorgungsangeboten zu entwickeln. Damit trägt die Konzeption auch den berechtigten Interessen der Menschen vor Ort nach einem wohnortnahen Angebot Rechnung.

Auch die Verzahnung der beiden KRH Standorte in Gehrden und in Neustadt am Rübenberge soll weiter intensiviert werden. Als Grund- und Regelversorger soll Neustadt seiner besonderen Bedeutung in der Notfallversorgung in der Fläche gerecht werden können. Mit dem planerisch weit fortgeschrittenen zweiten Bauabschnitt erfolgt eine Stärkung des Standortes Gehrden als Schwerpunktversorger, dessen Leistungsspektrum durch ein neurologisches Versorgungsangebot erweitert werden soll. Dies soll im Verlauf aus dem KRH Klinikum Laatzen übernommen werden.

Auch das KRH Klinikum Agnes Karll Laatzen soll sich, so der Vorschlag der KRH-Experten, in den Prozess einer schrittweisen Transformation begeben. Dabei soll zunächst das vorhandene Versorgungsangebot um vor- und nachgelagerte Angebote gemeinsam mit Kooperationspartnern ergänzt werden. Der Anspruch, wohnortnahe und bedarfsgerechte medizinische Leistungen, möglichst wohnortnah im Südosten der Region, vorzufinden würde so eingelöst. Parallel soll die Verlagerung der Abteilungen Neurologie nach Gehrden und Unfallchirurgie/Orthopädie an den Standort Siloah konzeptionell, prozessual und infrastrukturell vorbereitet werden. Hierbei sollen die beteiligten Mitarbeitenden und Teams eng eingebunden werden, um die notwendigen Voraussetzungen für eine reibungslose Verlagerung zu schaffen und sie am Ende gemeinsam umsetzen zu können.

Der kritischen baulichen Struktur am Standort Langenhagen wird in dem Vorschlag einerseits durch eine weitere Intensivierung des Prozesses der Integration der KRH Geriatrie Langenhagen in die Mitte entsprochen. Weiterhin könnte langfristig die KRH Psychiatrie Langenhagen innerhalb des Versorgungssektors an den Standort Nordstadt verlagert werden. Dies wäre mit einer Weiterentwicklung der Psychiatriestrategie zu begleiten, um den sich veränderten Versorgungsbedarfen zu entsprechen und eine moderne ambulant-stationäre psychiatrische Versorgungseinheit im Stadtgebiet zu schaffen. Die Liegenschaft in Langenhagen könnte somit langfristig für eine anderweitige Nutzung (z.B. Wohnbebauung) frei werden.

Einordnung und Zusammenfassung

Das vorliegende Konzept der Medizinstrategie 2030 wurde aus dem Unternehmen in einem transparenten und beteiligungsorientierten Prozess entwickelt und wird in der Belegschaft breit unterstützt. Sie bildet damit den ersten Vorschlag des Unternehmens, der heute erstmalig im Aufsichtsrat diskutiert wurde. Viele Teams sind bereits standortübergreifend vernetzt organisiert und die Expertinnen und Experten in den leistungserbringenden Bereichen könnten durch die Maßnahmen zukunftsfähige und interessante Arbeitsplätze erhalten. Insbesondere könnte eine durchgreifende Strukturreform mit einer Konzentration der Leistungsangebote eine notwendige Antwort auf den zunehmenden Fachkräftemangel geben, da Vorhaltungen reduziert werden könnten und flexiblere Teams geschaffen würden.

Für die Bevölkerung könnten die Maßnahmen eine qualitativ hochwertige Versorgung in der Region Hannover sichern. Durch die engere Verzahnung von Leistungsbereichen an weniger Standorten gewönnen die vorgesehene zwei Schwerpunktversorger im Osten und im Westen und der Maximalversorger in der Mitte an Möglichkeiten, komplexe Erkrankungssituationen qualitativ hochwertiger und sicherer behandeln zu können. Dabei würden keine bestehenden Versorgungsinhalte aufgegeben, sondern vorhandene Angebote würden nach qualitativen Kriterien verlagert und so konzentriert sowie bedarfsgerecht ergänzt. Das so entstehende spezialisierte und abgestufte Versorgungsangebot der KRH fände die richtige und notwendige Balance zwischen Erreichbarkeit und Versorgungsmöglichkeiten. Im Zeitalter hochspezialisierter Medizin gewönne der Faktor Strukturqualität gegenüber der Nähe zunehmend an Bedeutung. Mit der weiteren Öffnung für Kooperationen würde außerdem dem Trend zur Ambulantisierung Rechnung getragen. Außerdem entstünden so Möglichkeiten, um flexibler auf die heute schon bestehenden Lücken in der vor- und nachstationären Versorgung, die für die Menschen eine große Rolle spielen, zu reagieren. Weiterhin entspricht ein abgestuftes Versorgungskonzept mit einer Differenzierung nach Maximal-, Schwerpunkt- sowie Grund- und Regelversorgern dem Zielbild der niedersächsischen Krankenhausplanung, den Vorgaben des gemeinsamen Bundesausschusses (BG-A) und folgt den jüngst vorgestellten Vorschlägen der Regierungskommission zur Reform der Krankenhausfinanzierung. Nicht zu vergessen sind auch die wirtschaftlichen Effekte. In einer bereinigten und modernisierten Struktur würde es in dem zukünftigen Finanzierungssystem möglich sein, die Krankenhausversorgung bedarfsgerecht und auskömmlich zu gestalten. „Wir erleben derzeit eine ungeheure Dynamik im deutschen Gesundheitswesen und einen starken Anpassungsdruck auf die Krankenhäuser“, so die drei KRH Geschäftsführungsmitglieder, Michael Born (Personal), Dr. Matthias Bracht (Medizin) und Barbara Schulte (Finanzen und Infrastruktur). „Wir sind sicher, dass das KRH mit seinem Vorschlag zur Medizinstrategie 2030 eine tragfähige und zukunftsorientierte Antwort für das Unternehmen, seine Beschäftigten und seine Patienten gibt, um unseren hohen Anspruch – Aus Verantwortung gemeinsam für gute Medizin – für die fast 1,2 Millionen Menschen in der Region Hannover auch weiterhin einlösen zu können.“

Nach der Erstbefassung des Aufsichtsrates mit der Medizinstrategie am heutigen Donnerstag werden noch zwei weitere Sitzungen folgen. Im Januar wird sich das Gremium vertiefend mit dem Papier auseinandersetzen. Mit der dritten Befassung im Februar wird die Beschlussfassung angestrebt, damit dann die weitere Beschäftigung in der Regionsversammlung erfolgen könnte.