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Keine Zeit zu verdaddeln - ein Rückblick auf Krankenhäuser vor der Digitalisierung

Foto: KRH „Früher klebten wir Röntgenbilder mit Heftpflaster an die Fenster“ – Chefarzt Dr. Martin Memming erinnert sich an seine Anfangstage.

Region.

Computer sind aus einem Krankenhaus heute kaum wegzudenken. Doch das war nicht immer so. Ein Blick zurück auf Heftpflaster, Treppenhaus-Terrier und weite Wege analoger Tage.

Als wäre es gestern gewesen: „Für jede Chefarzt-Visite mussten wir die Röntgen-Bilder mit Heftpflaster an die Fenster kleben! Und, wehe, wenn man die Befunde nicht auswendig gelernt hatte!“ Wenn Dr. Martin Memming sich an seine Anfänge als Arzt erinnert, wirkt es für einen Moment, als könne er sich selbst nicht glauben. Dr. Memming, heute ärztlicher Direkter am KRH Klinikum Robert Koch in Gehrden, sitzt in seinem Büro und blickt kurz über die Schulter auf den Computer-Bildschirm auf seinem Schreibtisch. Für viele Antworten auf noch mehr Fragen reicht dem Chefarzt der Klinik für Allgemeine, Gefäß- und Viszeral-Chirurgie heute ein Blick auf eben jenen Bildschirm.

„Wenn früher ein Oberarzt seinen Chef aus dem Operationssaal heraus anrief, um von ihm einen besonderen Rat zu haben, musste der Chefarzt erst einmal im Haus sich Befunde und Bilder zusammensuchen. Und wenn es die nicht gab, musste er eben direkt in den OP, um sich selbst ein Bild zu machen.“ Wie viel Zeit darüber verloren ging, lässt sich leicht ausrechnen. Heute versammelt der Computer alle Befunde und Bilder in Sekundenschnelle.

Nachwuchsmediziner lernen heute schneller

In der zentralen Pathologie des KRH Klinikum Region Hannover am Standort Siloah klingt deren Leiter, Prof. Dr. Ludwig Wilkens, nicht viel anders. „Man kann es nicht anders sagen, aber gerade Nachwuchsärzte mussten früher für die Wege zwischen Laboren und Büros unglaublich viel Zeit mit fachfremden Arbeiten geradezu verdaddeln.“ Während heute beispielsweise Gewebeproben während einer Operation auf einem Objektträger eingescannt und sofort über den hochauflösenden Computerbildschirm vom Experten begutachtet und bewertet werden können, mussten derlei Proben nicht nur quer durchs Haus getragen werden. Als „Treppenhaus-Terrier“ seien die Nachwuchsärzte zum Oberarzt unterwegs gewesen, erinnert sich Prof. Dr. Wilkens. 

Das sei heute Dank der Digitalisierung und hochentwickelten Technik nicht mehr so. „Das ist ein klarer Vorteil auch für die Ausbildung des medizinischen Personals. Zeit für derlei zu verwenden, kann sich heute niemand mehr leisten.“ Die Entwicklung der Technik habe auch Einfluss auf die grundsätzliche Einstellung gehabt, hält Prof. Dr. Wilkens fest. „Heute geht ein Prostata-Patient nach vier Tagen wieder nach Hause. Früher musste er bis zu 10 Tage warten, um zu wissen, ob er überhaupt Krebs hat.“

Pflege lief Laborergebnissen hinterher

Öfter, weiter, mehr - sind die Stichworte die Annelie Kadler mit ihrer Vergangenheit verbindet. Sie ist heute Pflegedirektorin für das KRH Klinikum Ost und damit für das pflegende Personal in Großburgwedel, Lehrte und Laatzen verantwortlich. Sie hat mit 17 Jahren ihre Ausbildung zur Krankenpflegehelferin begonnen, wie es damals hieß. „Es sind viele kleine Tätigkeiten, die sich damals enorm summierten“, erinnert sie sich. Zur Patientenakte gehörte noch die große Tasche mit den Röntgenbildern, die es ebenso aus dem Labor zu holen galt wie die unzählbar vielen Ergebnisse von Blutuntersuchungen. „Diese Wege musste die Pflege irgendwie im Tagesablauf unterbringen.“ Dem Nachtdienst oblag es, die tagsüber aufgelaufenen Befunde und Werte korrekt in die Patientenakte abzuheften.

Fieber gemessen wurde statt mit den heutigen digitalen Ohr-Thermometern mit jenen mit Quecksilber-Säule. „Die Patienten mussten sie für mehrere Minuten unter der Achsel halten“, sagt die Pflegedirektorin. Manche Ärzte bestanden auf der rektalen Messung, weil diese seinerzeit als die genaueste galt. „Da mussten die Pflegekräfte solange daneben stehen bleiben, bis die Messung fertig war.“

Noch ärger traf es das Team der Intensivstation, auf der Annelie Kadler später arbeitete. „Für die Überwachung von beispielsweise Blutdruck und Blutgaswerten gab es seinerzeit noch längst nicht die Technik, die wir heute haben.“ Bei Bedarf sogar stündlich mussten die Pflegekräfte entsprechende Messungen selbst vornehmen und gegebenenfalls Blutproben ins Labor bringen - „und die Ergebnisse natürlich später dann auch wieder holen“. Zurückdrehen möchte Kadler die Zeit nicht, auch wenn die Digitalisierung nicht nur der Pflege auch neue, zusätzliche Arbeiten bereite. Die Sicherheit der Patienten sei klar verbessert. „Nach der Umstellung auf die digitale Patientenakte muss heute niemand mehr alten Akten hinterherlaufen, und ihre Schrift zu entziffern versuchen auch nicht.“