Wennigsen. Den Vorwurf eines illegalen Straßenrennens hat Richter Ingo Flasche vom Amtsgericht Wennigsen am Donnerstag in der Verhandlung gegen einen 38-jährigen Autofahrer fallengelassen - doch wegen einer vorsätzlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Bundesstraße 217 muss der Angeklagte ein Bußgeld von 480 Euro zahlen und seinen Führerschein für einen Monat abgeben. Richter Flasche hatte nach der Beweisaufnahme keinen Zweifel daran, dass der 38-Jährige im September mit Tempo 190 über die B 217 gerast ist, bis eine Polizeistreife ihn stoppte. .
Angeklagt war der Autofahrer wegen eines strafrechtlich relevanten "Straßenrennens gegen sich selbst". Der gelernte Mechatroniker und damalige Inhaber einer Autowerkstatt in Gehrden soll vor rund einem halben Jahr auf der Probefahrt mit einem hochmotorisierten BMW 850i das Tempolimit auf der B 217 hinter der Ampelkreuzung Ihmer Tor in Ronnenberg deutlich überschritten haben. Eine Polizeistreife des Kommissariats Ronnenberg beobachtete und verfolgte den Mann schließlich mit Vollgas in einem VW Passat-Dienstwagen.
Laut Polizei habe der BMW-Fahrer auf der Strecke hinter dem Ortsausgang in Richtung Springe bis auf Tempo 220 beschleunigt. "Wir sind kaum hinterher gekommen", sagte der Fahrer des Streifenwagens, ein 33-jähriger Polizeioberkommissar, als Zeuge vor Gericht aus. Allerdings habe er das Tempo 220 lediglich geschätzt. Sicher sei er jedoch bei einer Geschwindigkeit von 190 Kilometern pro Stunde, die er in einer Rechtskurve vom Tacho abgelesen habe. Erlaubt ist Tempo 100 auf der B 217.
Nachdem der BMW die Bundesstraße in Richtung Gehrden verlassen habe, stoppte die Streife schließlich den Fahrer. Dann sei der Mann belehrt und mit dem Vorwurf der überhöhten Geschwindigkeit konfrontiert worden. "Es ging dabei um den sicher vom Tacho abgelesenen Wert von 190 minus 20 Prozent Sicherheitsabstand, also Tempo 152" sagte der Polizist vor Gericht aus. Einen Wert von 220 Kilometern pro Stunde habe er dem Angeklagten nicht vorgeworfen.
Der Angeklagte wies in der Verhandlung alle Vorwürfe zurück. "Ich bin die 190 nicht gefahren. Das ist ein Hirngespinst", beteuerte der 38-jährige Autoexperte und selbstständige Werkstattbesitzer. Ohnehin habe der BMW damals einen erheblichen Motordefekt gehabt und hätte die hohen Geschwindigkeiten aus der Anklageschrift überhaupt nicht erreichen können. Drei von acht Zylindern seien ausgefallen, von den 530 PS des Fahrzeugs seien allenfalls 150 PS "fahrbar gewesen". Seine Werkstatt habe den BMW für eine Reparatur von einem Kunden angenommen und die nötigen Ersatzteile bestellt. An dem betreffenden Tag im September habe er den Wagen probeweise gefahren - jedoch mit angepasster Geschwindigkeit und keinesfalls schneller als mit Tempo 120.
Rechtsanwalt Michael Hahne bemühte in seinem Schlusswort den Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" und plädierte auf Freispruch für seinen Mandanten. Der Vorwurf, mit Tempo 190 gefahren zu sein, sei nicht nachzuweisen. Und eine Schuld müsse zweifelsfrei festgestellt werden.
Richter Ingo Flasche zeigte sich nach Abschluss der Beweisaufnahme jedoch überzeugt von der Geschwindigkeitsfahrt des Angeklagten. Dabei stütze er sich nach eigener Angabe auf die Aussage des Polizeioberkommissars, wonach bei Tempo 190 der Abstand zwischen beiden Fahrzeugen auf einer Strecke von 600 bis 700 Metern unverändert geblieben sei. Ein Straßenrennen, wie ursprünglich angeklagt, komme jedoch nicht in Betracht. Denn dafür fehle das Ausreizen der Maximalgeschwindigkeit des BMW von bis zu 250 Kilometern pro Stunde.
Mit der Verurteilung zu 480 Euro Geldbuße und einem einmonatigen Fahrverbot entsprach der Richter auch einem Antrag der Staatsanwaltschaft. Weil der Angeklagte seinen Führerschein bereits seit drei Wochen abgegeben hatte, bleibt nun noch ein Restfahrverbot von sechs Tagen übrig.