Region/Barsinghausen. An einem Mittwochabend im Jahr 2021 kollidierten auf der Kreisstraße 119 zwischen Wettmar und Kleinburgwedel ein Pkw und ein Motorrad frontal (wir hatten berichtet). Der 30-jährige Motorradfahrer kam mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus. In der Nacht verstarb der Barsinghäuser Malte Zurek, den es beruflich nach Burgwedel geführt hatte, dann im Krankenhaus. Der 18 Jahre alte Pkw-Fahrer wurde bei dem Verkehrsunfall nicht verletzt. Am Montag (19. September) lief jetzt eine Verhandlung vor dem Landgericht Hannover, da der 18-Jährige gegen das Urteil, zwei Monate Fahrverbot und eine Bewährungsstrafe, in Berufung gegangen war.
Ob die Familie mit dem Urteil des Landgerichts ihren Frieden machen kann, dürfte fraglich sein. Die Schuldfrage war bereits vor dem Amtsgericht geklärt worden. Der 18-Jährige war mit zu hoher Geschwindigkeit in den Gegenverkehr geraten und dort mit dem Motorradfahrer Zurek zusammengestoßen. Die Folgen waren eine Bewährungsstrafe und ein zweimonatiges Fahrverbot. „Der hat eine Familie zerstört“, bedauert Bruder Leif Zurek nun den Berufungsprozess, „Es ist keine Reue für uns zu erkennen, wenn er selbst dieses lasche Urteil anfechten will.“
Das Landgericht verordnete dann, anders als das Amtsgericht, dass für den Unfallverursacher das Jugendrecht angewendet werden soll. „Bei dem zur Tatzeit 18 Jahre alten Angeklagten hat die Kammer –anders als das Amtsgericht – eine Reifeverzögerungen festgestellt, die zur Anwendung von Jugendrecht geführt hat“, erklärt Dominik Thalmann, Landgericht Hannover, zur Verhandlung am Montag, „Dem entsprechend war das Urteil aus erster Instanz abzuändern.“ Die Verhängung von einer Jugendstrafe, anstelle der verhängten Bewährungsstrafe, kam daher nicht in Betracht. „Bei dem bis dahin unbestraften und auch weiterhin strafrechtlich unauffälligen Angeklagten wurden keine schädlichen Neigungen festgestellt“, so der Sprecher des Landgerichts. Daher sei eine Jugendstrafe nicht vereinbar. Der Kammer war vielmehr der Erziehungsgedanke des Angeklagten wichtig, ohne ihm seine Zukunft zu verbauen. Der Richter verhängte stattdessen 100 Stunden gemeinnützige Arbeit und eine Geschenkauflage von 200 Euro. „Zur Erklärung der Geschenkauflage: Eine Geschenkauflage beinhaltet, dass der Angeklagte einer anderen Person ein Geschenk machen muss und sich insofern mit seiner Tat erneut befassen muss“, so Thalmann. Das zweimonatige Fahrverbot wurde aufrechterhalten. Bei der Bemessung des Umfangs der Auflagen berücksichtigte das Gericht neben dem gesehenen Einwirkungsbedarf und der Wirkungserwartung, dass sich der Angeklagte noch in der Ausbildung befindet.
Die Familie kann das Urteil nicht begreifen. Selbst bei kleineren Verkehrsverstößen wären die Strafen härter als nun das Gerichtsurteil bei ihrem getöteten Malte. „Keiner wollte dem Angeklagten das Leben verbauen, aber wenn schon die Schuld und die nicht angepasste Fahrweise geklärt sind, muss doch überprüft werden, ob jemand überhaupt in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen.“ Da das Gericht die Reifeverzögerungen festgestellt hat, hätte dies zumindest vermutet werden können. Denn wer nicht reif genug für das Erwachsenenstrafrecht ist, ist möglicherweise auch nicht reif genug, um ein Fahrzeug sicher zu führen. Das Gericht sah es anders und das Urteil ist rechtskräftig.
„Wir müssen damit nun unseren Frieden finden“, zieht Leif Zurek eine unbefriedigende Bilanz zum Prozess, „Wir müssen damit leben, dass unser Sohn und Bruder nicht mehr Heim kommt. Das er nie eine eigene Familie haben wird.“
Malte Zurek war viele Jahre aktiv und engagiert im Schützenverein Barsinghausen 01 und hatte dort auch Funktionen übernommen. Außerdem war Zurek aktiv in der Jungen Union und in der CDU, kandidierte dort auch für den Rat der Stadt Barsinghausen und war eine Zeit lang beratendes Mitglied im Bauausschuss.