Region. Mit Beginn der Sommerferien verbringen die Menschen mehr Zeit im Schwimmbad, an den Badeseen oder am Meer – wenn sie nicht ohnehin im Flieger in Richtung Strandurlaub sitzen. Perfekte Aussichten also, um die kommenden Wochen in der Sonne zu brutzeln – oder?
Das sonnige Wetter des Hochsommers lädt vor allem zu einer Sache ein: Am Strand in der Sonne liegen und sich vom Stress des Lebens erholen. Doch für die Haut bringen die Sommermonate alles andere als eine Erholungszeit. „Jede Form der Hautbräunung ist das Ergebnis eines Hautschadens“, sagt Dr. med. Wolfgang Lensing, Facharzt für Hautkrankheiten, Vorstandsmitglied der Ärztekammer Niedersachsen. „Sonnenbaden ist medizinisch betrachtet eine schwere Zumutung für die Haut“.
Die ultraviolette Strahlung, kurz UV-Strahlung, des Sonnenlichts birgt die Gefahren, unabhängig von der Bewölkung. UV-Strahlen sind unsichtbar, schädigen aber Haut und Augen und lösen umfangreiche Reparaturvorgänge aus. Die Folgen dieser Vorgänge sind neben der mit jeder Besonnung zunehmenden vorzeitigen Alterung der Haut vor allem Hautkrebserkrankungen. Sie entstehen, wenn die begrenzte Reparaturkapazität der Haut aufgebraucht ist. „Gesunde Bräune gibt es nicht“, sagt der Dermatologe.
Nach aktuellen Hochrechnungen des Instituts für Krebsepidemiologie der Universität Lübeck erkrankten im Jahr 2022 in Deutschland rund 330.000 Menschen neu an Hautkrebs, davon etwa 46.000 an einem malignen Melanom, dem sogenannten „schwarze“ Hautkrebs, welcher braun, schwarz oder rot aussehen kann. Über 168.000 Menschen erkrankten an einem Basalzellkarzinom und etwa 116.000 an einem Plattenepithelkarzinom, dem sogenannten „weißen“ Hautkrebs, der paradoxerweise ebenfalls rot, braun oder auch schwarz aussehen kann.
„Die Zahlen belegen nur die Neuerkrankungen, viele Menschen erkranken aber mehrfach an Hautkrebs. Das wird statistisch überhaupt nicht erfasst“, so Lensing. „Die realen Zahlen sind um ein Vielfaches höher.“ Hauptsächlich Menschen im mittleren und höheren Lebensalter erfahren die Folgen der Sonnenstrahlung, der sie sich von Kindheit an ausgesetzt haben. Die Zunahme der UV-Strahlung durch den Klimawandel, verändertes Freizeit- und Kleidungsverhalten und ein steigendes Lebensalter führen zu deutlich gesteigerter Hautbelastung.
Wie schütze ich mich vor UV-Strahlung?
Vermeidung von Sonnenstrahlung ist der einzig wirksame Schutz: In der Mittagszeit von 11 bis 16 Uhr, wenn die Sonne besonders intensiv scheint, sollte man sich möglichst im Schatten oder in Gebäuden aufhalten. Aber: „Schatten ist nur Blendschutz, jedoch kein Strahlenschutz“, sagt Lensing. So böten Sonnenschirme beispielsweise zwar Schutz vor direkter Sonnenstrahlung – UV-Strahlung aber wird nicht wirksam abgewehrt. „Das gilt im Grunde auch für Sonnenbrillen. Vor blendendem Licht schützen sie – damit sie aber auch vor Strahlung schützen, muss bei jedem Brillenkauf auf hochwertige UV-Schutzgläser geachtet werden“, fügt Lensing hinzu, der auch Vorsitzender des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen (BVDD) in Niedersachsen ist. Ohne diesen UV-Schutz erhöht sich die Gefahr für Netzhauterkrankungen wie Katarakt, besser bekannt als Grauer Star.
Dermatologisch unterscheidet man sechs Hauttypen je nach Empfindlichkeit auf Sonneneinstrahlung. In Mitteleuropa sind Typ 2 oder 3 weit verbreitet. Das tagesaktuelle Gefährdungspotential der Strahlung gibt der sogenannte UV-Index an, den man zum Beispiel über den Deutschen Wetterdienst erfahren kann. Der Hauttyp 2 beispielsweise verfügt bei durchschnittlicher UV-Strahlung im Juni um die Mittagszeit über einen Eigenschutz von nur 20 bis 30 Minuten, darüber hinaus kommt es zur Rötung und damit Schädigung der Haut. Die Haut von Kleinkindern reagiert deutlich empfindlicher auf Sonnenstrahlen. „Sie müssen stets besonders gut passiv, also mit wirksamer Schutzkleidung vor der Sonnenstrahlung geschützt werden“, so Lensing. „Eincremen bietet insgesamt weniger Schutz als Kleidung, gerade bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen hilft nur ausreichende Bekleidung“.
Ein Sonnenschutzmittel sollte im Hochsommer bei jedem Aufenthalt unter freiem Himmel zur Standardausrüstung gehören. Die Dermatologie empfiehlt Lichtschutzfaktoren von 30 bis 50. Damit ist die Haut theoretisch um diesen Faktor länger geschützt. Wird man dennoch gebräunt, war man nicht ausreichend geschützt, denn Bräune entwickelt die Haut als Abwehrmaßnahme.
Gefahr nicht nur beim Strandgang
Bei einem Aufenthalt in größeren Höhen wie beim Wandern in den Bergen nimmt die UV-Strahlung erheblich zu, aktiver Schutz, durch Sonnenschutzmittel und an vor allem der passive, durch UV-Schutz-Kleidung, darf nicht vernachlässigt werden.
Bei der Wahl der Sonnencreme sollte man sich umfassend informieren, die Produkte bereits in Deutschland kaufen und vor Urlaubsantritt ausprobieren. UV-B- und UV-A-Schutz sind wichtig, ideal ist ein Sonnenschutzmittel mit mineralischem Anteil, aber: Für eine effektive Nutzung müssen vor jedem Sonnenkontakt mindestens zwei Milligramm pro Quadratzentimeter auf dem Körper aufgetragen werden. Um den Schutz aufrechtzuerhalten, ist mehrfaches Eincremen über den Tag erforderlich, insbesondere nach dem Wasserkontakt und Abtrocknen. „Wenn man es richtig machen will, hat man an einem Strandtag schon einmal eine ganze Flasche Sonnenschutzmittel aufgebraucht“, fasst es Lensing zusammen.
Um Kopf und Nacken optimal zu schützen, sollte eine Kopfbedeckung mit Schirm und Nackenschutz getragen werden, idealerweise auch beim Baden und kombiniert mit einem UV-Schutz-Hemd.
Mehr Maßnahmen zum Sonnenschutz gefordert
Da die Sonneneinstrahlung in Folge des Klimawandels voraussichtlich weiter zunehmen wird, sind regelmäßig getragene ausreichend schützende Kleidung sowie Sonnensegel über Schwimmbecken, Kindergarten-Spielplätzen, Außengastronomie und ähnlichem in den kommenden Jahren unabdingbar. Spender mit Sonnenschutzmitteln an öffentlichen Orten wären ein denkbarer Weg, Menschen in Deutschland auf die realen Gefahren aufmerksam zu machen und den Hautschutz zu verbessern.
Tipps für den Sonnenschutz:
- Die Haut zwischen 11 bis 16 Uhr nicht großflächig der Sonne aussetzen
- Freizeitverhalten dem UV-Index anpassen
- UV-dichte Kleidung und Mützen mit Schirm und Nackenschutz tragen –vor allem Kinder
- Sand und bewegtes Wasser vervielfachen die Strahlung
- Für Brillengläser, besonders Sonnenbrillen, hochwertigen UV-Schutz wählen beziehungsweise Sonnenbrillen mit geprüftem UV-Schutz bereits vor Urlaubsantritt erwerben
- mehrmals am Tag Sonnencreme großzügig am gesamten Körper auftragen – auch unter der Badekleidung
- nach jedem Wasserkontakt neu auftragen
- mit UV-dichter Kleidung oder einem Strandzelt schützen