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Diskussionsveranstaltung der Bürgerinitiativen im Calenberger Land zur geplanten ICE-Trasse

Foto: privat.

Barsinghausen. Zum Thema des Neubaus einer ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse Hannover – Bielefeld fand in Barsinghausen in der Waschkaue eine Podiumsdiskussion statt. Diese hatten die Bürgerinitiativen aus dem Calenberger Land organisiert und dazu Kandidaten der Bundestagswahl am 23.02.2025 eingeladen. Vertreten waren Dr. Matthias Miersch (Kandidat der SPD), Tilman Kuban (Kandidat der CDU), Stephan Christ (Landtagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen) und Joris Stietenroth (Kandidat der FDP).

Die Diskussionsveranstaltung der Bürgerinitiativen im Calenberger Land zur geplanten ICE-Trasse zwischen Hannover und Bielefeld hat erneut gezeigt, wie kontrovers dieses Thema die Menschen bewegt. Rund 150 Bürgerinnen und Bürger folgten der Einladung der Initiativen in die Waschkaue in Barsinghausen, die damit an ihre Kapazitätsgrenzen stieß. Vertreter der Bürgerinitiativen, der Lokalpolitik sowie von Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden äußerten ihre Kritik an dem bisherigen Planungsprozess der Deutschen Bahn. Insbesondere die starre Vorgabe, die Fahrzeit zwischen Hannover und Bielefeld auf 31 Minuten zu verkürzen, wurde als Hauptproblem angesehen, da diese Festlegung im Rahmen des Deutschlandtakts eine echte Bürgerbeteiligung von Anfang an faktisch/praktisch unmöglich gemacht habe und die Beteiligten (Kommunen, Verbände, BI etc.) zu Informationslieferanten ohne konkreten Einfluss auf die Trassenplanung degradiert.

Im Zentrum der zweistündigen Diskussion standen grundlegende Fragen zur Sinnhaftigkeit des Projekts und zur Prioritätensetzung in der Bahnpolitik. Viele Teilnehmende hinterfragten, ob es angesichts eines von Verspätungen und Störungen geprägten Alltagsbetriebs der Bahn wirklich angemessen sei, milliardenschwere Neubauprojekte zu forcieren, anstatt die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des bestehenden Schienennetzes zu sichern und zu verbessern. Die Forderung nach einer stärkeren Fokussierung auf die Modernisierung und den Ausbau der bestehenden Infrastruktur wurde laut. Es wurde deutlich, dass ein besseres Zusammenspiel zwischen Politik, Ministerien, der Deutschen Bahn und den betroffenen Verbänden notwendig sei, um die Planungen transparenter und effizienter zu gestalten.

Auf dem Podium äußerten sich Vertreter verschiedener Parteien, die um die Mandate im Bundestagswahlkreis Hannover-Land II kandidieren. Dr. Matthias Miersch von der SPD, der als Generalsekretär seiner Partei und erfahrener Bundestagsabgeordneter bekannt ist, betonte die Dringlichkeit, das Vertrauen der Fahrgäste zurückzugewinnen, indem die Bahn verlässliche, bezahlbare und pünktliche Verbindungen sicherstelle. Eine Modernisierung des Schienennetzes sei der Schlüssel, um eine Verkehrswende erfolgreich umzusetzen und den Güter- sowie Personenverkehr verstärkt auf die Schiene zu verlagern. Neubauprojekte wie die ICE-Trasse seien jedoch schwer zu rechtfertigen, solange der Alltag auf den Bestandsstrecken weiterhin von gravierenden Mängeln geprägt sei.

Tilman Kuban von der CDU äußerte ähnliche Bedenken und stellte klar, dass die Mobilitätswende nur gelingen könne, wenn die Bürger von der Zuverlässigkeit und Qualität der Bahn überzeugt seien. Er kritisierte, dass die Bahn immense Summen in Neubauprojekte investiere, während die bestehende Infrastruktur in einem schlechten Zustand sei. Dies führe dazu, dass Fahrgäste das Vertrauen in die Bahn verlören. Kuban forderte eine klügere Prioritätensetzung, die stärker auf den Erhalt und die Verbesserung des bestehenden Schienennetzes abzielt.

Stephan Christ, Sprecher für Mobilität und Verkehr der Grünen Landtagsfraktion, erklärte: „Der Bund, die Länder und die Bahn stehen vor enormen Herausforderungen: Das bestehende Schienennetz wird mit den prognostizierten Verkehrsmengen heillos überlastet sein und muss gleichzeitig umfassend saniert werden. Der Deutschlandtakt als langjähriger Planungsprozess bildet die Grundlage für den notwendigen Ausbau, zu dessen Umsetzung wir Grünen klar stehen. Dabei muss der größtmögliche regionale Nutzen geschaffen werden, um die Bevölkerung vor Ort nicht nur mitzunehmen, sondern davon profitieren zu lassen. Das passiert bislang noch unzureichend, dafür setzen wir uns auf allen Ebenen ein.“

Joris Stietenroht von der FDP hob hervor, dass eine ausgewogene Kosten-Nutzen-Abwägung insbesondere in Zeiten knapper öffentlicher Kassen unerlässlich sei. In seinen Augen stellt der Ausbau der bestehenden Strecke eine wirtschaftlichere und gesellschaftlich sinnvollere Alternative zur geplanten Neubaustrecke dar. Er plädierte für eine transparente und frühzeitige Einbindung der Bürger in den Planungsprozess, da dies essenziell sei, um Vertrauen in die Verkehrspolitik zu schaffen. Gleichzeitig betonte er die Notwendigkeit, realistische Lösungen zu finden, die auch unangenehme Wahrheiten wie mögliche Lärmbelastungen offen ansprechen.

Die Diskussion zeigte deutlich, dass Großprojekte wie die ICE-Trasse ohne eine transparente Planung und eine enge Einbindung der Betroffenen auf breite Skepsis stoßen. Die Teilnehmenden forderten nicht nur eine bessere Kommunikation zwischen der Deutschen Bahn, der Politik und der Gesellschaft, sondern auch eine stärkere Priorisierung der Modernisierung des bestehenden Netzes, um die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen und das Vertrauen der Fahrgäste langfristig zurückzugewinnen. Die Veranstaltung in Barsinghausen verdeutlichte, dass die Planungen für die ICE-Trasse ein Sinnbild für eine Verkehrspolitik sind, die vielerorts grundlegende Fragen zu Kosten, Nutzen und gesellschaftlicher Akzeptanz aufwirft.

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