Barsinghausen/Springe/Wennigsen. Der Deister zählt zu den beliebtesten Ausflugszielen in der Region Hannover. Die Natur steht durch die intensive Nutzung und Klimawandel zunehmend unter Druck. Mit dem Aktionsprogramm Deister 2024/2025 will die Region Hannover gemeinsam mit allen Nutzungsgruppen langfristige Lösungen für bestehende Konflikte finden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem zukünftigen Umgang mit legalen und illegalen Mountainbike-Strecken. Beim „Großen Runden Tisch“, dem halbjährlichen Austauschformat für alle betroffenen Kommunen, Vereine, Verbände und Institutionen, hat Umweltdezernent Jens Palandt heute den aktuellen Zwischenstand vorgestellt.
Umgang mit dem Mountainbiken
Grundlage für die zukünftige Nutzung bildet ein Zonierungskonzept. „Wir identifizieren besonders sensible Bereiche des Deisters, in denen der Naturschutz absoluten Vorrang hat. Im Gegenzug legen wir Flächen im Landschaftsschutzgebiet fest, die sich potenziell für naturverträgliche Sport- und Erholungsangebote eignen“, erklärt Jens Palandt. In diesen Bereichen sollen neue, naturbelassene Singletrail-Mountainbikestrecken vor allem im Umfeld bestehender Wege angelegt werden. „Es gibt im Deister Raum für naturverträgliches Mountainbiken. Mit den Singletrails schaffen wir ein Angebot, das es in dieser Form aktuell noch nicht gibt.“ Geplant sind zum Start einige Kilometer Singletrail-Strecke auf Flächen der Niedersächsischen Landesforsten. Wenn das Konzept gut angenommen wird, könnte das Singletrail-Netz schrittweise ausgebaut werden.
Zudem prüft die Region mehrere Orte in der Region auf ihre Eignung zur Umsetzung eines Trailparks. Damit könnte ein Downhill-Angebot außerhalb der Schutzgebietskulisse entstehen. Die Genehmigung der bestehenden, legalen Downhill-Trails im Deister läuft Ende 2025 aus. Rechtlich sind Trails im Landschaftsschutzgebiet nicht dauerhaft genehmigungsfähig, weil die Sprungschanzen und Hindernisse als Bauwerke gegen die Schutzgebietsverordnung verstoßen.
Für eine Übergangsphase könnten die Trails dennoch bestehen bleiben: „Wir wollen den Mountainbikern ein attraktives, naturverträgliches Alternativangebot machen. Aber: Sowohl der Aufbau des Singletrail-Netzes als auch die Fertigstellung eines Trailparks werden bis Ende nächsten Jahres nicht abgeschlossen sein. Wir ziehen deshalb die Möglichkeit in Betracht, die Genehmigung der bestehenden Downhill-Trails über 2025 hinaus noch einmal befristet zu verlängern.“ Über mögliche Perspektiven für das Downhill-Fahren will die Region in den kommenden Wochen mit dem Verein Deisterfreunde ins Gespräch kommen, der die Strecken unterhält.
Dass es über die Übergangsphase hinaus weitere befristete Genehmigungen der legalen Strecken geben könnte, schließt der Umweltdezernent aus. „Eine dauerhafte Genehmigung für die Trails käme rechtlich nur in Frage, wenn sie aus dem Schutzgebiet herausgelöst würden.“ Das wäre grundsätzlich möglich, ist aber an hohe Anforderungen gebunden. Die verlorene Schutzgebietsfläche müsste an anderer Stelle kompensiert werden. Am Ende entscheidet die Regionsversammlung über Teillöschungen von Schutzgebieten und Kompensationsmöglichkeiten.
Weitere Maßnahmen des Aktionsprogramms
Im Rahmen des Aktionsprogramms wird auch geprüft, welche Organisationsform für die gemeinde- und landkreisübergreifende Zusammenarbeit zukünftig am besten geeignet ist. Im Juni hat die Regionsversammlung die Verwaltung mit der Prüfung einer Naturpark-Ausweisung beauftragt. In den vergangenen fünf Monaten haben dazu Gespräche mit den Deister-Kommunen in der Region, den angrenzenden Deister-Landkreisen, den Landesforsten und dem Landvolk stattgefunden. Bis Mitte 2025 soll ein umfassendes Meinungsbild dazu vorliegen, ob die Region einen Prozess zur Naturpark-Erklärung starten soll.
Für ein konstruktives und positives Miteinander wird derzeit ein Kodex entwickelt. Mit einer Unterschrift können sich Kommunen, Vereine und Verbände im kommenden Jahr zu gemeinsamen Werten und Verhaltensregeln bekennen. Um Konflikte auf der Fläche zu reduzieren, ist ferner ein neues Besucherlenkungskonzept geplant. Es wird ausgeschrieben, sobald das Zonierungskonzept finalisiert ist und soll die Wander- und Radinfrastruktur neu strukturieren.
Gemeinsam mit den Kommunen, die für die Umsetzung des Ordnungsrechts auf ihrem Gebiet zuständig sind, arbeitet die Region am Thema Aufklärung und Prävention. Geplant sind regelmäßige Kontrollaktionen und die Entwicklung von Materialien zur Sensibilisierung für die Bedeutung des Höhenzugs, etwa für den Naturschutz und die Trinkwassergewinnung. Vorgesehen ist außerdem die verstärkte Nutzung von Outdoor-Apps, um legale Angebote zu bewerben und illegale Strecken zu melden.
Hintergrund: Entwicklung des Mountainbikens
Bereits seit Anfang der 2010er-Jahre gibt es im Deister Probleme mit illegalen Strecken im Wald. Das Befahren zerstört Pflanzen, zerschneidet Lebensräume und stört empfindliche Tierarten wie Rotwild oder Wildkatzen. 2013 und 2014 wurden von der Region Hannover in Zusammenarbeit mit den Niedersächsischen Landesforsten und dem Verein Deisterfreunde als Pilotprojekt drei Strecken im Landschaftsschutzgebiet entwickelt, um zu evaluieren, ob sich der Bau von illegalen Strecken dadurch eindämmen lässt. Für die Anlage von Hindernissen wurden von der Unteren Naturschutzbehörde temporär umfassende Ausnahmen von der Schutzgebietsverordnung erteilt.
„Mittlerweile lässt sich feststellen: Die legalen Strecken haben nicht zu weniger illegalem Fahren geführt. In verschiedenen Outdoor-Apps sind rund 80 nicht genehmigte Strecken verzeichnet – Tendenz steigend“, berichtet Jens Palandt. „Wir brauchen eine größere Lösung für den Deister. Die unterschiedlichen, berechtigten Interessen zusammenzubringen, wird nur gelingen, wenn alle Seiten kompromissbereit sind. Daran arbeiten wir mit dem Aktionsprogramm.“